WEIN AUS BORDEAUX
Bordeaux, das ist Wein, das ist Geschichte, das ist eine finanzstarke Metropole, das ist mit 123.000 Hektar das größte Qualitätsweinanbaugebiet Frankreichs, das ist Grand Cru und Glamour, aber auch ein Imageproblem und viel Glyphosat. Beim Wein geht es vom Bordeaux AC zum Premier Grand Classé, vom trockenen Entre-deux-Mers zum süßen Sauternes und vom Weißwein über Rosé zu dem dunkel roséfarbenen Claret bis zum Rotwein. Selbst ein wenig Crémant wird in Bordeaux erzeugt, und so deckt der Landstrich an der Gironde alles ab, was man für ein gediegenes Mahl benötigt.
Typisch für Bordeaux ist vor allem der Rotwein, und typisch ist auch die Cuvée. Das unterscheidet Bordeaux schon mal grundsätzlich von Burgund. Während es in Burgund eigentlich nur reinsortigen Pinot Noir und Chardonnay gibt – okay, auch ein bisschen Aligoté und Gamay und als Besonderheit den Passetoutgrain aus Gamay und Pinot –, findet man einen Bordeaux so gut wie nie reinsortig. Je nach Appellation und Weingut sind es Cuvées aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und oft auch Petit Verdot. Immer häufiger stößt man man auch wieder auf die alten Bordeaux-Sorten Malbec und Carmenère und für die Weißweine vor allem auf Sauvignon Blanc und Sémillon sowie manchmal auf Muscadelle. Allerdings ist auch in der Region Bordeaux nichts mehr in Stein gemeißelt. Mit dem Klimawandel denkt man auch hier über weitere Sorten nach. Dazu gehören Marselan, Touriga Nacional, Alvarinho und Petit Manseng, die versuchsweise angebaut werden dürfen. Wir erwähnen die Unterschiede zu Burgund vor allem deshalb, weil beide Regionen als Synonym für den französischen Rotwein par excellence stehen – nur eben jede Region mit einer anderen Stilistik und Ausprägung. In Burgund geht es mehr um Handwerk, Finesse und Subtilität, in Bordeaux mehr um Weltläufigkeit, Noblesse und Kraft. Wie groß die Strahlkraft von Bordeaux ist, kann man durchaus an der Popularität der Rebsorten erkennen. Cabernet Sauvignon und Merlot sind die am meisten angebauten Rebsorten weltweit. Und das hat natürlich viel mit Bordeaux als Vorbild zu tun.
WIE IST DIE MARKE BORDEAUX ENTSTANDEN?
Bordeaux ist durch England groß geworden; denn Bordeaux gehörte von 1154 bis 1453 zum Vereinigten Königreich. Und da man damals in England kaum Wein anbauen konnte, hat man ihn importiert. Zunächst war Bordeaux vor allem Handelsplatz und Hafen, um Weine aus Madiran und Cahors und anderen Teilen Südwestfrankreichs nach England zu verschiffen. Dann aber expandierte auch der Anbau rund um die Stadt Bordeaux nicht zuletzt deshalb, weil man niederländische Experten einlud, um das Médoc, die sumpfige Landzunge zwischen der Garonne und dem Atlantik, trockenzulegen. Im Gegenzug entdeckten die Niederländer ihre Liebe zum Wein aus Bordeaux, womit sich ein weiterer Markt ergab. In jenen 300 Jahren haben sich Strukturen etabliert, die auch heute noch nachwirken. Die Adligen rund um Bordeaux beauftragten Makler, sogenannte Courtiers, ihre Weine am Handelsplatz Bordeaux anzubieten. Die Handelshäuser wurden sich mit den Courtiers einig, kauften den Wein in Fässern, lagerten sie und verkauften den Wein weiter. Weil damals so gut wie ausschließlich adlige Familien Wein erzeugten, heißt ein Weingut dort bis heute Château, selbst wenn es sich nur um ein Garagenweingut handelt. Das mit dem Adel hat sich dann offiziell mit der französischen Revolution zunächst erledigt, doch die Strukturen blieben erhalten. Sie mündeten 1855 in die berühmte Bordeaux-Klassifizierung, in der die Weingüter rund um Bordeaux, also vom linken Ufer der Gironde, der Rive Gauche, aus den Bereichen Médoc und Sauternes klassifiziert wurden in 1er Cru bis 5ième Cru. Die Weingüter der Rive Droite, des rechten Ufers der Gironde rund um Pomerol und Saint-Émilion, hatten damals noch nicht den Stellenwert, den sie heute haben. Die Krone der Premier-Cru-Classé-Weingüter tragen Mouton-Rothschild, Lafite-Rothschild, Latour, Margaux und Haut-Brion sowie das Sauternes-Weingut Château d’Yquem.
WIE MAN SICH ZURECHTFINDET
In Bordeaux gibt es im Prinzip sechs Typen von Wein. Die Basis bilden weiße Bordeaux mit dem Namen Bordeaux Blanc oder Entre-deux-Mers. Die Entre-deux-Mers stammen aus dem Teil von Bordeaux, der zwischen Garonne, Dordogne und der Gironde liegt. Dort entstehen auch die meisten roten Bordeaux AC und Bordeaux AC Supérieur. Der Gebietsweinappellation folgen die Weine mit einer spezifischen Gebietsherkunft. An der Rive Droite sind das die Côtes de Bordeaux, was so viel heißt wie Hügel von Bordeaux. Die finden sich in den Bereichen Bourg, Blaye, Castillon, Francs und Cadillac und gelten für Weiß-, Rot- und Süßwein. Auf der linken Seite der Gironde sind es das Médoc und das Haut-Médoc oberhalb von Bordeaux. Die Ortsweine stammen linksseitig aus Péssac-Léognan und Graves, Saint-Estèphe, Pauillac, Saint-Julien, Listrac-Médoc, Moulis und Margaux sowie aus den Süsswein-Orten Sauternes und Barsac. Auf der rechten Seite sind das die Lagen rund um die Orte Saint-Émilion und Pomerol, Canon-Fronsac und Fronsac sowie kleine Appellationen wie Lalande-de-Pomerol, Saint-Georges-de-Saint-Émilion oder Montagne-Saint-Émilion. Die Spitze der jeweiligen Appellationen bilden dann die Crus, wenn es dort solche gibt.
WO GEHT ES HIN MIT BORDEAUX?
Bordeaux war und ist eines der bedeutendsten Weinbaugebiete der Welt. Doch es wirkt heute ein wenig unzeitgemäß. Seit den 1980er Jahren hat es sich mit den Kritiken von Robert Parker und durch sie zwar einen höheren Stellenwert erarbeitet, die Bordeauxweine sind besser geworden, aber in der Spitze auch sehr viel teurer. Zudem haben sich immer mehr Weingüter dem Geschmack von Robert Parker angepasst und erzeugen sehr konzentrierte, alkoholstarke Weine. Das ging lange gut, doch heute scheinen sich bis auf die Spekulanten immer weniger Menschen für diese hochpreisigen Weine, aber auch für die einfacheren Weine aus Bordeaux zu interessieren; denn sie wirken oft ein wenig altbacken. Hinzu kommt, dass das Gebiet sich bis heute schwertut mit dem Verzicht auf Chemie. Zwar setzen immer mehr Weingüter auf biologische Bewirtschaftung, aber es sind im Vergleich immer noch zu wenige. Gerade unter den teils immens reichen Cru-Classé-Weingütern war das Thema lange nicht en vogue. Doch auch in Bordeaux ändert sich einiges. Junge Winzer erzeugen zunehmend exzellente Weine außerhalb des Cru-Systems. Einige Cru-Weingüter scheren mittlerweile aus dem System der Subskriptionen aus, bei denen man die Cru-Weine schon anderthalb Jahre vor Erhalt bezahlen muss. Händler schließen sich an. Und es gibt auch immer mehr frische Weine, die auf den früher teils massiven Holzeinsatz verzichten. Es bleibt spannend, zu sehen, wohin sich Bordeaux entwickelt. Offensichtlich ist, dass es sich im Umbruch befindet.