WEIN AUS DEM BURGUND
Wenn man Wein-Nerds fragt, was für sie der Sehnsuchtsort für große Weine ist, dann lautet die Antwort meist: Burgund. In Burgund hat im Mittelalter die perfekte Kombination von außergewöhnlichem Terroir mit den dazu passenden Rebsorten stattgefunden. Möglich wurde dies, weil der Adel und auch die Klöster über großen Reichtum verfügten. Deren Kultur hat sich weitgehend im Burgund entwickelt. Wein gehörte und gehört zu dieser Kultur. Das Burgund hat für seine Lagen, die teils seit über 1.000 Jahren bewirtschaftet werden, ein bis heute gut funktionierendes Appellationssystem gefunden, das auf Gutswein, Ortswein, Premier Cru und Grand Cru basiert. Es ist eine Qualitätspyramide, wie sie in anderen Weinbauregionen oft nachgeahmt wurde. Aber auch in Burgund war und ist nicht alles eitel Sonnenschein. Die Herausforderungen an die Region sind groß.
Burgund, Frankreich
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DIE MÖNCHE UND DER WEIN
Man weiß aufgrund von Ausgrabungen, dass Burgund schon in vorrömischer Zeit Handelsplatz für Wein gewesen ist. Doch den ersten schriftlichen Hinweis auf eigenen Weinbau gab der Bischof Gregor von Tours im Jahr 312, der dem damaligen Kaiser Konstantin Wein aus den Bergen westlich von Dijon empfahl, nämlich den Wein der Falerner. Mit der Übernahme des Landstrichs durch Dänen von der Insel Bornholm, damals Burgunderholm, dem Aufstieg der Klöster und dem Machtzuwachs der burgundischen Adeligen wurde auch der Weinbau immer bedeutender. Schon Karl der Große soll in der Gemeinde Aloxe-Corton Weinberge besessen haben, weshalb eine Lage seit Urzeiten Corton-Charlemagne genannt wird. Der eigentliche Aufstieg aber erfolgte mit der Gründung des Zisterzienser-Ordens im Kloster Cîteaux im Jahr 1098. Die Zisterzienser verschafften dem Weinbau eine neue Qualität, und da der Orden sich in Mitteleuropa ausbreitete, tat das auch der Weinbau. Unter Herzog Philipp dem Guten (1396–1467) wurde die Rebsorte Gamay aus den Weingärten Burgunds verbannt. Darüber hinaus erließ der Herzog Gesetze, die man als Vorläufer des heutigen Appellationssystems ansehen kann. Burgund ist bis heute ein vor allem ländliches Weinbaugebiet geblieben, in dem nach der Enteignung der Klöster während der Französischen Revolution vor allem kleine Familienbetriebe das Bild prägen. Wegen des enormen Wertzuwachses der Weinberge geraten aber diese Familien mit dem französischen Erbsteuerrecht in Konflikt, weshalb zunehmend mehr Weingüter an Fonds und private Investoren verkauft werden.
DAS BURGUND WIRKT VERWIRREND
Obwohl die Qualitätspyramide im Burgund eigentlich sehr einfach ist, erweist sich das System trotzdem als etwas verwirrend. Das liegt vor allem dran, dass es so viele verschiedene Lagen gibt, sogenannte Climats, die sich durch Mikroklima und Böden unterscheiden. Es gibt einfache Lagen und solche mit Premier-Cru- oder Grand-Cru-Status.
Die Basis bilden die Bourgogne AC als Rot- oder Weißwein, extrem selten auch als Rosé. Diese Gutsweine machen rund 55 % aller Weine der 40.000 Hektar Burgunds aus. Die Weine sind immer reinsortiger Chardonnay oder Pinot Noir. Die dann folgende Stufe bilden die Ortsweine, die sogenannten Villages. Sie machen rund 34 % aus. Der Ortsname wird auf dem Etikett angegeben. Als nächste Stufe gibt es die Premiers Crus und dann die Grands Crus. Bei den Premiers Crus gibt es 542 Lagen, bei den Grands Crus 34. Diese Lagen verteilen sich auf recht wenige Orte. In Nuits-Saint-Georges gibt es auf 152 Hektar 40 verschiedene Premiers Crus, in der Côte Chalonnaise gibt es auf 4.500 Hektar insgesamt nur fünf Crus.
WELCHE REBSORTEN GIBT ES IM BURGUND?
Der Rebsortenspiegel im Burgund ist klein. Der Pinot Noir umfasst 34 %, der Chardonnay 48 % der Fläche. Aligoté liegt als zweitwichtigste weiße Sorte bei 6 %. Der rote Gamay umfasst 10 %, er steht vor allem an der Grenze zum Beaujolais. Auf ca. 2 % der Fläche gibt es außerdem Pinot Blanc (Weißburgunder), Pinot Gris oder auch Pinot Beurot (Grauburgunder), Pinot Madeleine (Frühburgunder), Melon de Bourgogne, Sauvignon Blanc, Sacy und César. Wichtig zu wissen ist: Wenn keine Rebsorte auf dem Etikett steht, ist es immer Chardonnay oder Pinot Noir, je nach Farbe. Alle anderen Sorten werden namentlich genannt. Eine Besonderheit ist der sogenannte Passetoutgrain, bei dem Pinot Noir und Gamay als Gemischter Satz zusammen im Weinberg stehen und gemeinsam gelesen und vergoren werden.
WAS GEHÖRT ZUM BURGUND?
Das Burgund erstreckt sich von Dijon bis nach Mâcon, etwa 60 km nördlich von Lyon. Verwaltungstechnisch gehört das -> Beaujolais zu Burgund, wird aber als eigene Region wahrgenommen. Die nördlichste Appellation ist das Chablis, das etwas abseits liegt und in dem als Qualitätswein nur Chardonnay erzeugt wird. Rund eine Stunde braucht man von Chablis bis Dijon, das übrigens direkt neben dem südlichen Teil der -> Champagne liegt. Zusammen mit dem Auxerre, das daran grenzt, war es einmal das größte zusammenhängende Weinbaugebiet Frankreichs. Dann kam die Reblaus, danach die beiden Weltkriege und viele sehr kalte Winter. Im 19. Jahrhundert standen rund 40.000 Hektar unter Reben. In den 1950er Jahren waren es nur noch 500! Heute sind es wieder rund 4.500 Hektar in 19 Orten inklusive rund 100 Hektar Grands Crus.
Südlich von Dijon gibt es die Côte d’Ôr mit den goldenen Hängen der Côte de Nuits und der Côte de Beaune. Dort befinden sich die mit Abstand meisten Crus der Region. Das Gebiet ist vor allem bekannt für seine exzellenten Pinot Noirs. 22 der 23 Grand-Crus des Burgund für Rotwein gibt es hier, und zwar in Orten wie Chambolle-Musigny, Gevrey-Chambertin, Nuits-Saint-Georges, Morey-Saint-Denis, Vosne-Romanée und Vougeot.
Der untere Teil der Côte d’Or ist die Côte de Beaune. Die Böden sind mergeliger, und es dominiert der Chardonnay. Appellationen wie Corton-Charlemagne, Meursault und Montrachet stehen vor allem für Chardonnay. Orte wie Beaune, Aloxe-Corton, Pommard oder Volnay sind allerdings auch für Pinot Noir bekannt. Grand-Cru-Lagen gibt es in Montrachet und rund um den Corton-Hügel.
Die Côte Chalonnaise liegt darunter. Sie hat ihren Namen vom Hauptort des Gebiets erhalten, von Chalon-sur-Saône. Auf rund 4.500 Hektar wird zu 75 % Rotwein angebaut und zu 25 % Weißwein. Eine Besonderheit ist die Appellation Bouzeron, in der ausschließlich die Rebsorte Aligoté zugelassen ist. Grands Crus finden sich nicht, lediglich ein paar Premiers Crus, nämlich Bouzeron, Givry, Mercurey, Montagny und Rully.
Schließlich gibt es noch das Mâconnais zwischen der Côte Chalonnaise und dem Beaujolais. Mit rund 7.000 Hektar ist es die größte Appellation. Bekannt sind vor allem die fünf Cru-Gemeinden Pouilly-Fuissé, Pouilly-Loché, Pouilly-Vinzelles, Saint-Véran und Viré-Clessé rund um die zwei großen Kalkfelsen-Formationen Solutré und Vergisson.
VERÄNDERUNGEN IM BURGUND
Zwischen einem Chardonnay aus Chablis und einem aus Viré-Clessé liegen Welten. Während das Chablis ganz klar nördlich verhaftet ist und es dort noch kalt ist, zirpen im Mâconnais schon die Grillen. Die Häuser dort sind oft ocker getüncht und haben blaue Fensterläden, wie man sie im Süden nicht selten findet. Und doch spürt man schnell das Burgund in den Weinen.
Insgesamt ist Burgund eine Region, in der die größten Weine der Welt neben komplett austauschbaren entstehen. In manchen Weingütern wird jede biodynamisch erzeugte Traube gleichsam einzeln poliert, und zugleich gehört die Region zusammen mit der Champagne immer noch zu den Anbaugebieten mit dem stärksten Glyphosat-Einsatz. Ende der 1980er Jahre meinte der Bodenforscher Claude Bourguignon, die Böden Burgunds enthielten weniger Leben als Sahara-Sand. Ein Umdenken ist aber bislang nur in Teilen erfolgt, nicht in der Breite. Die nächste große Herausforderung ist der Klimawandel; denn in Burgund wird es spürbar wärmer. Daher kann es sein, dass so manche lang perfekt gelegene Grand-Cru-Lage zu heiß und zu trocken wird, während frühere Randlagen wie die Hautes Côtes oder Orte wie Marsannay oder Santenay stärker in den Fokus rücken. Veränderungen in Burgund geschehen aber nur sehr langsam; denn Burgund gehört zu den Weinbaugebieten mit den weltweit längsten Traditionen.