CÔTES DU JURA
Das Département Jura ist eine der angesagtesten Weinregionen Frankreichs, aber erst seitdem die Weinhipster das Gebiet entdeckt haben. Vorher war es lange, sehr lange in der Versenkung verschwunden. Was macht die heutige Faszination für die Weine des Jura aus?
Letzte Chance
Jura, Frankreich
Inhalt: 0.62 Flasche (298,39 €* / 1 Flasche)
Jura, Frankreich
Inhalt: 0.62 Flasche (125,81 €* / 1 Flasche)
ES BRAUCHT ECKEN UND KANTEN
In einer Zeit, in der fast alle Weine zwar technisch sauber gemacht sind, aber meist auch gemacht schmecken, braucht es Gegenbewegungen; denn das Runde und Glatte, das mit Reinzuchthefen und Enzymen Hergestellte ist nicht jedermanns Sache. Auf der Suche nach Weinen, die Grundlage dieser Gegenbewegung wurden, haben vor allem Sommeliers aus Paris vor Jahren die Weine aus dem Jura wiederentdeckt. Diese Weine stehen heute stellvertretend für Authentizität, Frische, Charakter und nachhaltige biologische Erzeugung. Das Besondere dabei ist: Sie wirken in gewisser Weise archaisch, und das auf eine Weise, die sie geradezu fortschrittlich macht, weil sie nicht den gängigen Denkmustern vom heutigen Wein entsprechen. Sie können dafür sorgen, dass man das Denken ein wenig verändert und sich öffnet. Dabei sind diese Weine hervorragende Tischweine, die weit mehr als ein Bressehuhn oder einen Comté begleiten können.
VOM OLYMP IN DEN HADES UND ZURÜCK
Der Weinbau im Jura wirkt wie die Geschichte eines klassischen Aufstiegs, Niedergangs und Revivals unterm Brennglas. Die Weine waren lange Zeit sehr begehrt, vor allem in der Zeit, als das Jura reich war und neben Salz – dem weißen Gold der Region – auch die Weine gleich mitexportiert hat. Bis zur Reblauskatastrophe standen mehr als 20.000 Hektar unter Reben – das Zehnfache von heute. Es war allerdings nicht nur die Reblaus, die das Gebiet verwaisen ließ. Hinzu kam, dass die Weine des Südens zunehmend beliebter wurden. Sie waren günstiger zu erzeugen, voller, wärmer und opulenter. 1852 gab es den ersten flächendeckenden Befall mit Oidium, dem Mehltau. 1879 wurden die ersten Rebläuse entdeckt, 1884 die Peronospera, der falsche Mehltau, 1886 die Schwarzfäule. 1892 war der gesamte Jura von Rebläusen befallen. Während im übrigen Frankreich die Weinbauflächen nach der Reblausplage um 23 % zurückgingen, waren es im Jura 62 %. Leider gingen mit der Fläche auch eine große Anzahl autochthoner Rebsorten verloren, die es ausschließlich im Jura gab. Schließlich kamen Kriege und Wirtschaftskrisen, Salz wie das des Jura wurde längst woanders abgebaut, und die Region wurde mehr oder weniger vergessen. Erst der unabhängig denkende Henri Maire sorgte für eine Erinnerung an den Wein des Jura. Seine Familie stammte aus dem Jura. Er selbst war in Paris aufgewachsen und war gut vernetzt. Im Zweiten Weltkrieg ging er in seine Heimat, entdeckte den dortigen Wein, gründete 1945 einen Weinhandel und erwarb selbst 45 Hektar. Er begann damit, Vin Jaune, den klassischen oxidativen Wein des Jura, zu erzeugen und verkaufte ihn mit Erfolg an die Pariser Sterne-Gastronomie. Parallel dazu eröffneten André Jeunet und Jean-Paul Jeunet in Arbois eine eigene Sterne-Küche und lockten Feinschmecker in den Jura, die dann auch die dortigen Weine entdecken konnten. Unter den Winzern waren es Pierre Overnoy und Jean Macle, welche die Grundsteine für den neuen, aber auf alten Traditionen basierenden Jura legten. Pierre Overnoy gilt heute als einer der ersten Naturweinwinzer, die so wenig wie möglich in den Entstehungsprozess des Weines eingreifen.
WAS IST EIGENTLICH DAS BESONDERE AM JURA-WEIN?
Es ist die besondere Kombination von Böden, Klima und Rebsorten, die den Jura so besonders macht. Klar, das kann man von so ziemlich allen Anbaugebieten behaupten, aber hier ist es vielleicht noch mal ein wenig anders. Der Jura ist ja eigentlich ein Gebirge an der französisch-schweizerischen Grenze, dessen jurassische Kalkformationen in Verbindungen mit unterschiedlichen gelben und blauen Tonen in den Böden der Weingärten vorkommen. Früher gab es rund 40 Rebsorten, von denen der Savagnin wohl die wichtigste ist. Sie heißt auch Traminer und gehört zu den Leitrebsorten Mitteleuropas, aus der sich viele neue Sorten entwickelt haben. Heute gibt es neben Savagnin noch den roten Poulsard (auch Ploussard) und den Trousseau sowie Chardonnay und Pinot Noir, die hier ebenfalls seit langer Zeit heimisch sind.
SOUS VOILE UND VIN JAUNE
Doch das war es noch nicht mit den Besonderheiten. Hinzu kommt die klassische Ausbauart sous voile. Das heißt so viel wie unter einem Tuch oder unter einem Schleier. Gemeint ist die Hefeschicht, die sich bildet, wenn man das Fass mit dem Wein nicht mehr auffüllt. Wein verdunstet, die Hefe steigt auf und schützt den Wein, der langsam oxidiert und von der Hefe einen besonderen Geschmack erhält. Der bekannteste Wein, der im Jura auf diese Weise entsteht, ist der Vin Jaune. Der heißt deshalb gelber Wein, weil er während der langen Reifezeit diese Farbe annimmt. Der 100 %ige Savagnin, der komplett durchgegoren ist, reift sechs Jahre und drei Monate im Holzfass. So will es das Gesetz. In dieser Zeit gehen rund 40 % des Weines durch Verdunstung verloren. Deshalb wird der Wein in eine Flasche gefüllt, die 620 ml umfasst, also gut 60 % eines Liters. Diese einzigartige Flaschengröße und auch -form nennt man Clavelin. Der Vin Jaune passt perfekt zu gereiftem Comté, dem bekanntesten Käse des Jura.
OUILLÉ ODER NON OUILLÉ
Unter den anderen Weinen der Gegend gibt es die oxidierten und die nicht oxidierten. Steht auf den Flaschen sous voile, tradition, typé oder non ouillé, handelt es sich um Savagnin, Chardonnay oder eine Cuvée beider Sorten, die unter der Florschicht gereift sind, allerdings nicht so lange wie ein Vin Jaune. Die Weine, die den Zusatz ouillé oder floral auf dem Etikett tragen, stammen aus Fässern, die aufgefüllt (ouillé) wurden. Aber auch sie schmecken immer ein bisschen nach dem typischen flor des Jura. Rotweine werden nicht oxidativ ausgebaut. Bekannt ist Jura auch für Cremant, bei dem alle fünf heute typischen Jura-Rebsorten verwendet werden können. Auch beim Macvin dürfen alle Rebsorten verwendet werden. Der Macvin ist ein aufgespriteter Wein, bei dem die Gärung mit Tresterbrand vom selben Weingut gestoppt wird. Es ist also ein Likörwein, der mindestens 14 Monate im Holzfass ausgebaut werden muss. Noch länger, nämlich 18 Monate, reift ein Vin de Paille, ein Strohwein im Fuder.
Ein Großteil der bestockten Fläche wird heute biologisch oder biodynamisch bewirtschaftet und ohne Zusatzstoffe oder Zugaben ausgebaut. Damit wirken die so klassisch ausgebauten Weine wieder sehr modern.