WEINE AUS DEM LANGUEDOC
Zusammen mit dem deutlich kleineren Roussillon bildet das Languedoc das größte Weinbaugebiet in Frankreich. Es sind 224.000 Hektar. Und das ist vergleichsweise wenig; denn vor drei Jahrzehnten waren es noch ca. 400.000 Hektar. Im Süden Frankreichs, dem Midi, sind also in dieser Zeit Weinberge verschwunden, die mehr Hektar hatten als der gesamte Weinbau in Deutschland. Und das war dringend notwendig; denn was da erzeugt wurde, war Wein für Tankwagen. Heute entstehen dort vor allem Qualitätsweine und gute Landweine. Das mit den Tankwagen ist deutlich weniger geworden.
SUD DE FRANCE
Wer in den Süden Frankreichs fährt, der schiebt vielleicht, wie man es früher machte, eine Kassette von Charles Trennet ins Autoradio und begibt sich auf die Route Nationale 7, die direkt nach Sète führt, vorbei an der Rhône und dem Pont du Gard immer Richtung Mittelmeer. Hinter Nîmes spricht man dann vom Sud de France, und dort beginnt dann auch das Languedoc, wo rund 100.000 Menschen direkt mit dem Weinbau befasst sind und wo man heute rund 300 unterschiedliche Rebsorten findet. 130 davon sind irgendwann direkt im Languedoc entstanden. Languedoc …, woher stammt dieser Name? Er ist eine andere Schreibweise für Langue d’Oc, die Sprache des Oc, also das Okzitanische. Diese Sprache hat sich parallel zum Französischen aus dem Vulgärlatein entwickelt, und man findet sie heute noch im Süden Frankreichs und als Amtssprache noch im spanischen Katalonien. Es ist eine sterbende Sprache, die aber eine lange Zeit großen Einfluss hatte. Der Süden bildete damals ein starkes Gegengewicht zum Norden Frankreichs. Es gab immer wieder Kriege und Aufstände gegen Paris. Einige hoch gelegene Burgruinen künden noch heute davon. Was den Weinbau angeht, so haben schon die Griechen Weinberge im Languedoc angelegt, waren aber wohl nicht die Ersten. Danach kamen die Römer, später die Mönche. Der Wein blieb immer ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in dieser ländlichen Region. Im 18. Jahrhundert breitete sich der Weinbau dann in den Ebenen aus, bis man bei der Zahl von 400.000 Hektar angekommen war und immer billigere Weine erzeugte, entweder als einfachsten Tafelwein oder für die Branntweinproduktion. Veränderungen mussten erfolgen, und die kamen in den späten 1980er Jahren. Mehr Qualität, weniger Ertrag, mehr biologischer Landbau prägte die Arbeit einer kleinen Avantgarde, der sich dann immer mehr Winzer anschlossen. Heute befinden sich dort 35 % der gesamten Bioweinbaufläche Frankreichs, und selbst die großen Genossenschaften kommen bei der Nachfrage nach Biowein aus der Region nicht mehr hinterher.
VOM MITTELMEER BIS WEIT INS HINTERLAND
Das Languedoc liegt in den Departements Aude, Gard und Hérault. Es zieht sich hinter Nîmes bis zur spanischen Grenze in die Pyrenäen – wenn man das kleine Roussillon mit dazunimmt. Vor allem aber zieht sich das Gebiet von der Mittelmeerküste bis zu 100 Kilometer tief ins Hinterland und von null Metern über Meereshöhe auch mal auf 500 Meter oder mehr hoch. Was die Region zusätzlich so spannend macht, sind die vielen Mittelgebirge, die sich im Laufe von Jahrmillionen ständig verändert haben, sodass es eine außerordentliche Vielfalt an unterschiedlichen Bodenformationen gibt. Zu diesen Gebirgen gehören neben den Pyrenäen und den Albères auch der Canigou und die Corbières. Direkt am Meer findet man von Sète bis Narbonne auf Böden mit Sand, Kalk, Lehm und Kieseln die Süsswein-Appellation Frontignan und die Qualitätswein-Appellation Coteaux du Languedoc inklusive der Weisswein-Appellation Picpoul de Pinet. Weiter im Hinterland befinden sich Corbières, Minervois und Limoux, La Clape, Pic Saint-Loup, Terrasses du Larzac, Faugères, Saint-Chinian und Fitou. Die Spitze der Qualitätspyramide bilden La Livinière im Minervois, Boutenac im Corbières sowie Roquebrun und Berlou in Saint-Chinian. Dabei überwiegen die Rotweine und Rosés deutlich gegenüber den Weißweinen mit rund 85 %.
GRENACHE, CARIGNAN UND DIE ANDEREN
Eigentlich sind die Weinkategorien im Languedoc ziemlich übersichtlich geregelt. Es gibt die Qualitätsweine aus den AOC bzw. AOP und die Pays d’Oc, die Landweine. Die Landweine sind fast ausschließlich sortenreine Weine, und da findet man dann auch Cabernet, Merlot, Pinot Noir oder Chardonnay. Die Qualitätsweine stammen immer aus klar umrissenen Regionen, wie den oben erwähnten. Es sind so gut wie immer Cuvées ausschließlich aus klassischen Sorten. Von Appellation zu Appellation verändern sich nur die Mindestzusammensetzungen der Rebsorten. Mit rund einem Drittel der Fläche dominiert bis heute der Carignan. Lange wurde er als Massenträger missbraucht, weil er sehr wüchsig ist. Aber heute weiß man es besser und nutzt ihn als Qualitätsrebsorte. Es folgen Grenache Noir, Cinsault, Syrah und Mourvèdre. Dazu gibt es seltene Sorten wie Artisan, Duras, Fer, Lladoner Pelut oder Picpoul, die nur in manchen Appellationen zugelassen sind. Auch wenn die Weißweine, Süßweine und Schaumweine nur ca. 15 % der Produktion umfassen, so sind das sehr wichtige und zudem sehr charakterstarke Weine. Die wichtigsten Rebsorten sind hier Grenache Blanc, Grenache Gris, Rolle, Macabeu, Rousanne und Bourboulenc sowie Muscat à Petit Grains und Muscat d’Alexandrie. Schaumwein ist vor allem in Limoux populär, und das seit dem 16. Jahrhundert. Der wahrscheinlich älteste Schaumwein-Typ der Welt heißt heute Blanquette Méthode ancestrale. Er wird zu 100 % aus der Rebsorte Mauzac gekeltert, die in Limoux Blanquette genannt wird. Dieser Schaumwein wird bis heute mit nur einer Gärung erzeugt. Es gibt allerdings auch Crémants aus dieser Appellation.
NEU ERFUNDEN
Das Languedoc hat sich mit großem Aufwand in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten neu erfunden. Dabei hat man sich dafür entschieden, für die Crus der Region nur alte Rebsorten zuzulassen und für die einfachen Weine auch Rebsorten, die aus anderen Regionen stammen. Die einfacheren Weine, die Pays d’Oc, machen zwar 80 % der Gesamtproduktion aus, aber auch diese Weine sind heute viel besser als vor 30 Jahren. Außerdem hat man mit den Qualitätsweinen mittlerweile einen echten Trumpf in der Hand, weil man im Languedoc nicht selten vergleichsweise günstige, sehr gute, oft sehr hochklassige Weine zu vernünftigen Preisen bekommt, Weine, die oft biologisch erzeugt wurden und die von sehr alten Reben mit sehr geringen Erträgen stammen können. Die Tatsache, dass das möglich ist und dass man im Languedoc alte Weinberge immer noch recht günstig erwerben kann, hat viele junge Winzer in die Region gezogen, die das Anbaugebiet immer weiter nach vorne bringen.