WEINE AUS DEM BAIRRADA
Wenn man irgendwo in Portugal hautnah erleben möchte, wie sich der Blick auf Qualität vor allem bei der Erzeugung von Rotweinen geändert hat, dann muss man nach Bairrada kommen. Bairrada ist die Region, die vor allem für das Massenprodukt Mateus Rosé bekannt ist. Den gibt es immer noch, daneben aber feinste Schaumweine, so markante wie langlebige Rotweine der Sorte Baga und ungewöhnliche Weißweine.
BAIRRADA UND DER ROSÉ
Bairrada liegt zwischen Porto und Coimbra, vom Atlantik aus landeinwärts. In der Vergangenheit sind dort beeindruckend gute Rotweine der Rebsorte Baga entstanden, von denen man immer noch hier und da einzelne Flaschen aus den 1960er Jahren entdecken kann. Doch diese Tradition ist irgendwann fast ausgestorben, und stattdessen hat man immer mehr Fasswein erzeugt und zudem die Grundlage für den Mateus Rosé aus dem Hause Sogrape. Dieses Weltweinprodukt, das zwischenzeitlich so etwas wie das Synonym für portugiesischen Weinbau war – ähnlich wie die Liebfrauenmilch für Deutschland –, ist auch heute noch erfolgreich. Dafür liefern rund 900 der knapp 2.000 Traubenerzeuger in Bairrada das Material. Baga ist eine Rebsorte, die mit ihrer Frucht und Frische ideal zum Rosé passt undd mit ihrer Säure ebenso ideal als Schaumweingrundlage funktioniert, weshalb Bairrada mittlerweile auch eine guter Schaumweinproduzent geworden ist. Hierzulande ist Baga noch eine große Unbekannte, aber eine mit einer exzellenten Zukunft. Davon sind jedenfalls nicht wenige Kenner überzeugt. Einer davon ist der Tausendsassa Dirk Niepoort. Der große Impulsgeber des portugiesischen Weinbaus hat die Region so um 2008, 2009 für sich entdeckt. Für ihn sind die ton- und kalkreichen Böden und das atlantische Klima eine ideale Grundlage, um mit der Baga einen neuen Weinstil zu erzeugen. Dirk hat damals eine Gruppe von ambitionierten Winzern aus der Region zusammengerufen und 2010 den Impuls gegeben, die Baga Friends zu gründen. Er selbst stieß 2012 dazu, als er die Möglichkeit bekam, eine Quinta zu erwerben. Mit dabei war bei der Gründung Luís Pato, der 1980 seinen ersten Wein vinifiziert hat und seitdem der Grandseigneur der Region geworden ist. Genauso mit dabei ist Luís’ Tochter Filipa Pato, die sich 2006 mit ihrem Ehemann, dem belgischen Sommelier William Wouters, selbstständig gemacht hat. Sie verfolgt einen anderen Stil als ihr Vater und ist vor allem immer auf der Suche nach alten Weinbergen. Davon gab es bis 2003 eine größere Anzahl. Als dann die Richtlinien der Appellation geändert wurden und man plötzlich Cabernet, Merlot und Syrah anbauen durfte, wurde viel gerodet: Ein Sakrileg, wenn man es von heute aus betrachtet. Damals wurde nicht nur die Baga dezimiert, sondern auch alte Weinberge mit den weißen Sorten Maria Gomes (Fernão Pires), Bical und Cercial und damit genetisches Material, das man heute dringend brauchen könnte. Allerdings gibt es noch alte Weinberge und auch viele ambitionierte Winzer, die vor allem aus der säure- und tanninreichen Baga elegante und alterungswürdige Weine erzeugen. Sie haben die Baga gezähmt, ganz ähnlich wie man den Nebbiolo für Barolo gezähmt hat.
BUÇACO, DER SOLITÄR
Dass die Baga ein hervorragendes Reifepotential besitzt, zeigen unter anderem die Weine des Bussaco Palace Hotels der Familie Almeida. Die Weine, die Buçaco genannt werden, wurden fast ein ganzes Jahrhundert lang ausschließlich im Bussaco Palace Hotel und dem ebenfalls der Familie Almeida gehörenden Curia Palace Hotel ausgeschenkt. Wer die Chance hat, vor Ort zu sein, erhält dort noch Weine, die bis in die 1940er Jahre zurückreichen. Die Weine sind Grenzweine; denn sie werden mit Baga aus Bairrada und aus Touriga Nacional von der benachbarten Appellation Dão erzeugt. Sie wurden ursprünglich in sogenannten tonéis, großen Fudern aus brasilianischer Eiche, aus Walnussholz und Mahagoni gelagert. Die Weine der neueren Jahrgänge werden dagegen unter der Regie von Dirk Niepoort in französischen Barriques ausgebaut. Die klassische Erzeugung samt langsamer Vergärung der nicht entrappten Trauben und die Nutzung von aus Granit gehauenen lagares, um den Saft ganz traditionell mit Füßen aus den Trauben zu treten, ist dagegen so geblieben, wie es schon immer gemacht wurde. Die Weine geben Zeugnis von der Klasse ab, die die Weine dieser Region erreichen können.