LA PALMA UND DIE KANAREN
Wenn es um wirklich ungewöhnliche und dazu bildschöne spanische Weine geht, dann sind die Islas Canarias, die Kanarischen Inseln, mit ihrem Weinbau ganz weit vorne. Die Inseln liegen weit entfernt vom europäischen Festland – rund 1.100 Kilometer –, aber nur rund 100 Kilometer von Afrika. Das spezielle Klima und die vulkanischen Böden sorgen für ein einzigartiges Zusammenspiel. Und das haben die Spanier und Portugiesen, die die Inseln ab 1402 besiedelten, schnell herausgefunden. Man erzeugte dort Weine in einem Stil wie Sherry, Malaga oder Madeira vor allem aus Moscatel und Malvasia. Der Weinstil wurde dann als Canary-Sack auch in England bekannt, da die Engländer ja aufgespritete Weine sehr lieben. Bereits bei Shakespeare findet man „a cup of canary“.
Spanien, La Palma
Inhalt: 0.75 Liter (53,33 €* / 1 Liter)
SIEBEN INSELN MIT VULKANEN UND REBEN
Die wichtigsten und bewohnten Inseln der Gruppe sind Fuerteventura, La Gomera, Gran Canaria, El Hierro, Lanzarote, La Palma und Teneriffa. Auf allen Inseln wird Weinbau betrieben, was sich auf Vulkangestein auch anbietet. Manchmal allerdings kommt dem Ganzen ein Vulkanausbruch in die Quere. Das letzte Mal war das auf La Palma der Fall im Jahr 1971 – und jetzt wieder 2021. Das Klima ist gleichmäßig warm und gemäßigt. Durch die zusätzliche Luftfeuchte gibt es eine hohe Artenvielfalt an Flora und Fauna. Die Weinreben stammen jedoch nicht von der Insel, sie wurden per Schiff angelandet. Neben den üblichen internationalen Verdächtigen sind es vor allem die alten iberischen Sorten, die den Weinbau ausmachen. Etwa die Hälfte der rund 9.000 Hektar Weinberge des Archipels sind mit Almuñeco bepflanzt. Die Sorte heißt auf der Insel Listán Negro. Ebenfalls schon lange dabei sind Moscatel Negro, hier als Listán Prieto bezeichnet, Negramoll und Sumoll (Vijariego Negro). Dazu kommen weiße Sorten wie Palomino, der hier Listán Blanco heißt, Albillo, Criollo, Baboso Blanco und verschiedene aromatische Sorten wie Gual (Malvasia Fina), Malvasía de la Palma (Malvasia di Lipari), Malvasía de Lanzarote, Marmajuelo, Moscatel (Muscat Blanc), Pedro Ximénez oder Verdello. Fast alle Weinstöcke sind bis heute wurzelecht, weil es die Reblaus nie wirklich auf die Inselgruppe geschafft hat. Manche der Weinberge, aus denen die Winzer ihre Trauben beziehen, sind deutlich über hundert Jahre alt und werden teils in einer einzigartigen Weise kultiviert, wobei die Reben sehr niedrig, aber sehr lang knapp oberhalb des Bodens entlangkriechen. So niedrig die Reben kultiviert werden, so hoch liegen oft die Weinberge. Aufgrund der besonderen Topographie der Vulkaninseln geht es beispielsweise auf La Palma bis zu 1.400 Metern in die Höhe.
LA PALMA
Die meisten der Weinberge auf La Palma sind hoch gelegen und in Terrassen mit Trockenmauern angelegt. Die Weinberge – rund 1.600 Hektar – liegen in drei Zonen: Hoyo de Mazo, Fuencaliente und Nord. Auf der Insel findet man vor allem Almuñeco bzw. Listan Negro, Negra Mole, Palomino a.k.a. Listán Blanco, Sabro, Malvasía, Bujariego und Moscatel. Es entstehen Weißweine, Rosés und Rotweine, zudem Süßweine und eine Besonderheit namens Vino de Tea. Als Tea bezeichnet man das Kernholz der Kanarischen Kiefer, aus der Fässer gemacht werden, in denen der Vino de Tea reift. Erzeugt wird der Wein aus den Rebsorten Negramoll (rot) und Albillo (weiß). Das Kernholz verfügt noch über Harze, sodass der meist ziegelrote Wein ein leicht harziges Aroma erhält und ein wenig an Retsina erinnert. Diesen Wein gibt es vor allem in der nordwestlichen Region, zu der die Gemeinden Garafía, Puntagorda und Tijarafe gehören. Eine weitere Spezialität ist der Malvasía. Er wurde erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt und war viele Jahre der Exportschlager, ja der einzige nennenswerte Export der Insel. Es handelt sich nicht um einen Vin Doux Naturel, obwohl sein Alkoholgehalt zwischen 13 und 22 Vol.-% liegt.
Von La Palma und den anderen Kanarischen Inseln hat man lange Zeit keine nennenswerten Weine erhalten. Das hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich geändert. Wie auf dem Festland auch, haben sich auf den Inseln Winzerinnen und Winzer wie –> Victoria Torres Pecis oder –> Rüdiger Ewerth niedergelassen bzw. ein Familienerbe übernommen und sehr vieles anders gemacht. Diese Andersartigkeit, die das besondere vulkanische Terroir, die uralten Reben und das Klima der hoch gelegenen Weinberge miteinander vereint und geradezu aus den Weinen extrapoliert, ist heute ein wesentlicher Teil des modernen spanischen Weines geworden.