Südafrika

Das Weinland im südlichen Teil Afrikas ist eines der spektakulärsten, aber auch eines der widersprüchlichsten. Kaum eine andere Weinbauregion dürfte im Laufe ihrer Geschichte so viele Herausforderungen bewältigt haben und so viele politische Verwerfungen erlebt haben wie Südafrika. Das Land, dessen Weinbau vor allem am Kap der guten Hoffnung stattfindet, ist riesig und die Weinbaugebiete, gemessen daran, klein. Trotzdem bilden sie einen nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor in einem Land, das über wenig Industrie und auch kaum über Exportprodukte verfügt. Der Weinbau begann mit den weißen Siedlern, die der ursprünglichen Bevölkerung das Land weggenommen und es teils bis heute nicht zurückgegeben haben. Die lange währende Apartheid und die mit ihr einhergehenden Handelsbarrieren haben auch dem Weinbau zugesetzt. Südafrika wurde, was Wein anbelangte, auch lange mit dem Namen Stellenbosch gleichgesetzt, wo klassische Weine im Bordeaux-Stil entstanden. Heute aber sieht der Weinbau auch dort völlig anders aus. Weinregionen, so sagt es der Weinkritiker Neal Martin, sind wie Rebstöcke. Sie brauchen Herausforderungen und müssen kämpfen, damit etwas Gutes herauskommt. Das trifft auf Südafrika definitiv zu.
Filter

Südafrikas Weinbau begann in Constantia

Wenn es um Weinbau in Übersee geht, sprechen wir Europäer gerne von “Neuer Welt”. Das ist ein sehr europäischer, und man kann auch sagen, ein arroganter Blickwinkel; denn neu ist daran nur wenig. Weder haben wir Europäer das heutige Südafrika erstmals besiedelt, noch – um beim Thema zu bleiben – ist der Weinbau neu. Der hat in Südafrika eine Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Das ist natürlich nicht so lange wie beim Weinbau in Georgien oder Frankreich, aber eben auch nicht kurz. Und im Gegensatz zu Frankreich gibt es noch vereinzelt Weinberge, die aus dieser Zeit stammen.

Die ersten Europäer, die in Südafrika siedelten, waren Niederländer, mit denen Jan van Riebeeck und vor allem Simon van der Stel ins Land kamen. Jan van Riebeeck erhielt den Auftrag, für die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) eine Proviantstation auf dem Weg von den Niederlanden nach Indien zu errichten. Die VOC war damals in etwa das, was Møller-Mærsk heute ist, eine Großrederei mit weitverzweigten politischen Verbindungen, immensem Einfluss und viel Geld. Der Weg nach Indien mit Segelschiffen aber war weit. Und bevor man die heikle Stelle am äußersten Ende von Südafrika umschiffen wollte, wo der Atlantik und der Indische Ozean aufeinandertreffen, sollte noch einmal aufgetankt werden.

Als van Riebeeck 1652 in der Bucht des heutigen Cape Town anlandete, wurde ihm schnell das mediterrane Klima bewusst, und er ließ sich Rebstöcke aus Frankreich bringen. Wein spielte damals auf Seereisen eine wichtige Rolle; denn er wurde dem Trinkwasser beigemischt, um es haltbarer zu machen. 1655 wurden die ersten Reben gepflanzt. 1679 wurde van Riebeeck durch Simon van der Stel ersetzt, und der war nicht nur Weinliebhaber, sondern kannte sich auch mit dem damaligen Stand der Önologie gut aus. Er gründete das nach ihm benannte Stellenbosch und ferner die eigene Farm Constantia. Kurze Zeit später landeten die ersten aus Frankreich vertriebenen Hugenotten in Kapstadt an. Auch sie brachten Weinreben mit und ließen sich unter anderem im –> Franschhoek, dem Franzosenwinkel, nieder. Der Weinbau nahm Fahrt auf, und im 18. Jahrhundert wurde Süßwein aus Constantia zu einem der beliebtesten Weine in ganz Europa. Constantia war auf einem Niveau mit Sauternes und Tokaij. Doch der Ruhm dauerte kaum 150 Jahre. Der Weinbau wurde mehr und mehr Grundlage für Destillate, und es überlebten nur wenige eigenständige Weine.

In den späteren Zeiten der Apartheid war es kaum möglich, südafrikanische Weine international zu vermarkten. Es gab weitreichende Handelsbeschränkungen für südafrikanische Produkte, um die Buren, also die weißen Südafrikaner, dazu zu zwingen, die überwältigende schwarze Mehrheit mit in den politischen Prozess einzubeziehen. Es dauerte bis 1991, als Präsident de Klerk die Apartheidsgesetze für null und nichtig erklärte, und bis 1994, dass Nelson Mandela ihm als Präsident folgte. Die Nachwirkungen der Apartheid sind bis heute vielfältig spürbar. Neben riesigem Landbesitz alteingesessener weißer Familien gibt es verwahrloste Townships mit hoher Arbeitslosigkeit. Der Rand, die Landeswährung, ist wegen politischer Misswirtschaft international kaum konkurrenzfähig, weshalb die Weingüter ihre Weine international zwar sehr günstig anbieten, aber kaum finanzielle Reserven bilden können. Das hat die Covid-Krise wie unter einem Brennglas verdeutlicht. Es gab mehrere Lockdowns, in denen nicht nur der Alkoholausschank, sondern auch der Transport von Alkohol untersagt wurde. So hat sich das Alkoholproblem, das im Land herrscht, auch negativ auf die gesamte Weinerzeugung ausgewirkt.

Was ist typisch für Südafrikanischen Wein?

Lange Zeit verstand man unter südafrikanischem Wein entweder die hoch polierten Stellenbosch-Weine, die oft wirkten wie Bordeaux mit Steroiden. Oder man kaufte im Supermarkt den günstigen Wein der KWV, der größten Kooperative des Landes. Beide Weinstile waren im Prinzip nahezu austauschbar. Dass es auch anders geht, haben dann Winzer wie Danie de Wet, Walter Finlayson oder die Hamilton Russels ab den 1980er Jahren bewiesen, als sie mit der Erzeugung von Pinot und Chardonnay in neuen Cool-Climate-Zonen wie –> Hemel-en-Aarde begannen. Und dann kam irgendwann die junge Generation, mit der auch die Geschichte von Wein am Limit als Wein-Importeur begonnen hat.

Einer der Visionäre der neuen Generation war Eben Sadie, der zusammen mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter in –> Swartland für eine Revolution sorgte. Heute sind es nicht mehr nur die Bordeaux-Blends, die Aufmerksamkeit erregen, sondern die Vielfalt ist der große Vorteil. In hoch und vergleichsweise kühl gelegenen Parzellen findet man Chardonnay, Riesling und Pinot Noir. In Gebieten wie dem Swartland haben sich vor allem Rhône-Sorten durchgesetzt. Die in Südafrika aus Pinot Noir und Cinsault gezüchtete Rebsorte Pinotage, die früher hauptsächlich nach Röstkaffee und verbranntem Gummi schmeckte, zeigt sich heute viel feiner, und der allgegenwärtige Chenin Blanc, der lange vor allem zur Destillation verwendet wurde, ist heute die weiße Signature-Rebe Südafrikas. Was junge Weinmacher heute besonders interessiert, sind alte Reben. Die Begeisterung für die Old Vines ist leider erst vor 20 Jahren entstanden. Da waren die meisten der alten Weinstöcke schon herausgerissen, da sie den Besitzern zu wenig Ertrag brachten. Die Wertschätzung dieser oft mehr als 100 Jahren alten Buschreben war zwar bei den Besitzern meist vorhanden, doch die haben für die oft winzigen Erträge nicht genügend Geld bekommen.

Erst die junge Generation, die den Weinbauern die spärlichen Erträge abgenommen hat, um daraus hochwertige und teure Weine zu erzeugen, hat dann auch den notwendigen Erlös erzielt. Dabei muss man wissen, dass Weinmachen in Südafrika anders abläuft als in Deutschland. Die junge Generation von Weinmachern verfügt häufig nur über kleine eigene Flächen, wenn überhaupt. Teilweise besitzen die Weinmacher nicht einmal eigene Keller, sondern mieten sich anderswo ein. Der eigene Keller kommt irgendwann, wenn sich der Erfolg einstellt. Was an Kapital nicht vorhanden ist, wird durch Optimismus und Begeisterung mehr als wettgemacht. So hat sich Südafrika zu einem der dynamischsten Weinländer entwickelt.