WEIN AUS DER PFALZ 

Die Pfalz ist eines der klassischen deutschen Weinbaugebiete, dessen erfolgreichste Zeit –abgesehen von heute – das 19. Jahrhundert war. Das Anbaugebiet wirkt sehr deutsch, wenn man an die vielen Weinfeste denkt und daran, dass die Weinorte das Ziel unterschiedlichster Vereine sind. Manches wirkt bieder, anderes eher etwas aristokratisch, und dann gibt es noch die neuen Entwicklungen in der Pfalz, die das gewohnte Bild ordentlich aufbrechen.
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VIEL SONNE, VIEL BODEN, VIEL ROTWEIN 

Nach Rheinhessen ist die Pfalz mit rund 23.500 Hektar das zweite große Anbaugebiet in Deutschland. Es schließt sich am Zellertal bei Worms auch direkt an Rheinhessen an und reicht bis zum Elsass, ja bei Schweigen und Wissembourg sogar ins Elsass; denn manche Weinberge reichen dort über die Landesgrenzen hinaus. Durch die tektonischen Verschiebungen des Pfälzer Waldes und des Oberrheingraben haben sich immer wieder neue Bodenformationen gebildet, sodass man hier Buntsandstein, kalkhaltige Lehmböden, Kalkmergel, Keuper und Muschelkalk, Basalt, Granit, Porphyr und Schieferverwitterungsgestein findet. Zusammen mit den vielen unterschiedlichen Kleinklimata führt das zu einer Vielfalt, wie man sie kaum irgendwo sonst hat. In den beiden großen Bereichen Mittelhaardt-Deutsche Weinstraße und Südliche Weinstraße gibt es mindestens 40 weiße und 30 rote Rebsorten und eine für Deutschland ungewöhnliche Verteilung von 60 % Weißwein und 40 % Rotwein – so viel Rot wie nirgendwo sonst. Die meisten Rebsorten sind natürlich alte oder moderne Klassiker wie Riesling, Weißburgunder und Grauburgunder, Auxerrois und Müller-Thurgau, Spätburgunder und Dornfelder. Aber es gibt auch ein großes Experimentierfeld mit zum Teil erstaunlich guten Ergebnissen. Dazu gehören reinsortige Pinotage, Syrah und Tempranillo, Chenin Blanc, Viognier und Marsanne. Auch pilzwiderstandsfähige Rebsorten sind im Kommen. All das hat viel damit zu tun, dass in der Pfalz, wo bei rund 1.800 Sonnenstunden im Jahr Mandeln, Feigen und Zitrusfrüchte wachsen, auch südliche Rebsorten reife Trauben liefern und der Klimawandel zu immer mehr Experimenten beiträgt. 

PFÄLZER KLASSIK 

Dass man die Pfalz mit Experimenten verbindet, ist allerdings eher etwas Neues. Lange Zeit war davon wenig zu spüren. Im 19. Jahrhundert sorgten Weingutsgründer wie Franz Peter Buhl, Friedrich Deinhard, Andreas Jordan und auch Albert Bürklin mit seiner Frau Luise Wolf für eine Hochphase des Pfälzer Weinbaus rund um Deidesheim und Forst. Sie begründeten auch den exzellenten Ruf von Lagen wie dem Deidesheimer Grainhübel, dem Hohenmorgen, Langenmorgen und Paradiesgarten oder dem Forster Kirchenstück, dem Jesuitengarten, Pechstein oder Ungeheuer. Dieser Ruf blieb auch in der dunklen Zeit des Deutschen Weinbaus erhalten, die in unterschiedlichen Wellen vom Ersten Weltkrieg an bis in die 1990er Jahre dauerte. Die Pfalz hat sich von anderen Anbaugebieten dadurch unterschieden, dass Gastronomen und Weingutsbesitzer ab den 1930er Jahren dafür sorgten, dass auf rund 85 Kilometern und durch 130 Weinbauorte die Deutsche Weinstraße geführt wurde. Ein großer Marketing- und Tourismus-Erfolg. Doch auch der konnte den allgemeinen Niedergang der 1970er und 1980er Jahre nicht stoppen. Aufwärts ging es hier auch erst wieder an den 2000ern mit einer neuen Riege aus einer jungen Generation und mit einigen Investoren, die Flaggschiffe wie Bassermann-Jordan bzw. –> von Winning und Reichsrat von Buhl wieder auf die Schiene setzten oder Klassiker wie Koehler-Ruprecht mit genügend Kapital unterfütterten. 

GANZ ANDERE WEINE 

So hat sich die Pfalz gewandelt. Zwar gibt es auch heute noch die große Menge an Dornfelder und Regent, und es gibt auch immer noch die sonnenverwöhnten, eher mächtigen Rotweine und Weißweine, doch daneben hat sich eine terroirbetonte Stilistik etabliert, die so gar nicht mehr zum alten Image passt. Biologischer wie auch biodynamischer Weinbau ist in der Pfalz mittlerweile stark vertreten, und es bilden sich Zentren von experimentierfreudigen Winzerinnen und Winzern, die sich wie –> Collective Z der Suche nach alten Weinbergen widmen und dort sehr eigenständige und naturbelassene Weine erzeugen. Lag die Pfalz zunächst im Schatten von Rheinhessen, so liegt sie mittlerweile längst auf Augenhöhe und ist zu einem der Hotspots des neuen deutschen Weinbaus geworden.