WASHINGTON STATE 

Washington steht an zweiter Stelle der Wein erzeugenden Bundesstaaten der USA. Gab es dort in den frühen 1980er Jahren nicht einmal ein Dutzend Weingüter, sind es heute mehr als 1.000, die jährlich mehr als 17 Mio. Kisten Wein erzeugen. Neben der großen Anzahl an Weingütern gibt es über 400 Weinbauern auf mehr als 60.000 Hektar Weinanbaufläche und mehr als 80 Rebsorten in 19 Appellationen, den sogenannten AVAs (American Viticultural Areas).
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ALLES WALLA WALLA? 

Aber wo liegt Washington State? Er liegt an der Westküste der Vereinigten Staaten. Oberhalb von Kalifornien und Oregon ist er, sieht man von Alaska ab, der nördlichste Staat der USA mit einer langen Grenze zu Kanada. Die Hauptstadt in dieses Staates, der erst ab 1810 überhaupt von Weißen besiedelt wurde, ist Olympia. Bekannt ist aber vor allem die Metropole Seattle. Die ersten Reben wurden 1825 an der Hudson Bay im Fort Vancouver gepflanzt. Es waren Reben aus England. 1854 pflanzte man dann Hybrid-Reben (aus Wildreben und europäischen Sorten) am Puget Sound und ab 1859 in Walla Walla. Etwas mehr Fahrt hat der Weinbau dann ab Mitte der 1930er Jahre aufgenommen. Die Washington Wine Producers Association wurde gegründet, und es gab 42 Weingüter. Ab den 1980er Jahren wurden die AVA-Bereiche festgelegt in Columbia Gorge (das über die Grenze bis Oregon reicht), im Columbia Valley (das ebenfalls bis Oregon reicht), in den Horse Heaven Hills, in Puget Sound, in den Rattlesnake Hills, in Red Mountain, Wahluke Slope, im Walla Walla Valley (ebenfalls in Oregon) und im Yakima Valley. 

EXTREMWEINBAU 

Was in Washington an Weinbau stattfindet, ist ziemlich einzigartig, in gewisser Weise sogar extrem; denn der Bundesstaat Washington hat einige der dramatischsten täglichen Temperaturschwankungen aller Weinregionen der Welt. Die warmen bis heißen Sommertage führen zu reifen Fruchtaromen, während das große Temperaturgefälle zur Nacht hin und die rasche Abkühlung bei der Weinlese dazu beitragen, den natürlichen Säuregehalt zu bewahren. Der Osten Washingtons, wo der meiste Weinbau stattfindet, ist eine trockene bzw. halbtrockene Wüste. Der nördliche Breitengrad des Bundesstaates bietet eine Vegetationsperiode, in der die Sonne im Sommer bis zu 17 Stunden pro Tag scheint, also wesentlich länger als in vielen anderen Weinregionen. Die Weinbauregionen liegen zudem fast alle im Regenschatten hinter den bis zu 4.400 Metern hohen Gebirgen der Olympics und der Cascades. Die Weinbaugebiete sind also trocken und werden entsprechend bewässert, was bisher kein Problem ist, weil das Wasser aus den Gebirgen kommt. 

BASALT, FLUSSABLAGERUNGEN UND LÖSS 

Ebenfalls ungewöhnlich ist die Geologie in Washington State; denn vor Millionen von Jahren spuckte Erde gewaltige Mengen von Basalt aus, einem dunklen, feinkörnigen vulkanischen Stein. Basalt bedeckt einen Großteil des östlichen Washingtons, des nördlichen Oregons und des westlichen Idahos. Dieser Basalt kann tausende Meter dick sein, und er ist so schwer, dass einige Gebiete des Columbia-Beckens sogar unter den Meeresspiegel gedrückt wurden. Am Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 15.000 Jahren, brach der Damm des riesigen Glacial Lake Missoula im heutigen westlichen Montana, sodass gewaltige Wassermassen das Columbia-Tal überfluteten. Die Überschwemmungen hatten ein gigantisches Ausmaß und betrafen für lange Zeit einen großen Teil des nordwestlichen Amerikas. Diese Überschwemmungen ereigneten sich nicht nur einmal, sondern mehrere Male über Tausende von Jahren hinweg und werden als Missoula Floods bezeichnet. Dadurch bildete sich eine Schicht aus Schluff, Sand und Kies auf dem Basaltgestein. Diese Böden werden als Missoula Flood Deposits und Slackwater Sediments bezeichnet. Später haben sich auf dieser Schicht feine Sande und Schlick, vulkanische Asche und Granitstücke abgelagert. Zusammen bilden sie eine Lössschicht – ideal für den bewässerten Weinbau. 

ROT UND WEISS HALTEN SICH IN ETWA DIE WAAGE 

In Washington State ist bis heute die heimische Concord-Rebe mit rund 9.600 Hektar die wichtigste Rebsorte. Allerdings wird sie als Tafeltraube angebaut. Die anderen rund 24.000 Hektar teilen sich Merlot (rund 3.300 Hektar), Chardonnay (rund 3.100), Riesling (rund 2.500), Cabernet Sauvignon (rund 2.400) und Syrah (1.250) mit knapp 80 anderen Sorten. Aufgrund des besonderen Zusammenspiels von Klima und Geologie besitzen die Weine einen hohen Wiedererkennungswert. Sie zeigen viel Frucht und Tiefe, auch Konzentration, wenn gewünscht, aber immer auch sehr viel Frische, eine markante Säure und Mineralität. Die Typizität der Sorten ist hier immer wieder beeindruckend klar, rein und gerade. Was Merlot und Cabernet angeht, so hat man in Washington oft den Eindruck, dass sich hier die Komplexität, die Struktur und der Schliff französischer Weine mit der Reife und Frucht kalifornischer Weine ziemlich perfekt verbinden. Das ist moderner und sehr erfolgreicher Weinbau, so erfolgreich, dass fast wöchentlich rund vier neue Weingüter eröffnet werden.