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Wer nach Italien in den Urlaub fährt und gerne den Mezzogiorno, den Süden, kennenlernen will, bucht meist einen Flug nach Neapel oder nach Palermo, besucht den Vesuv oder die Trulli in Apulien. In Kalabrien stranden die wenigsten. Kalabrien hat es nicht leicht, hatte es nie. Begrenzt wird es durch das Tyrrhenische Meer im Westen und das Ionische Meer im Osten. Die Straße von Messina trennt die Region von Sizilien. Kalabrien war seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. bis ins 19. Jahrhundert hinein ständiges Ziel von Siedlern und Eroberern. Dazu zählte Byzanz, die Sarazenen, die Normannen, das Königreich Sizilien, Anjou von der Loire, Aragon aus Spanien, die Habsburger und die Bourbonen. 1861 wurde es Teil des italienischen Königreichs. Das Feudalsystem des Südens, das ebenfalls bis ins 19. Jahrhundert andauerte, hat die Landbevölkerung ausgelaugt. Das führte immer wieder zu Bauernaufständen. Da die meist wenig erfolgreich waren, gab es ständig Landflucht, und zwar bis heute. So ist Kalabrien auch die am dünnsten besiedelte Region Italiens.
Die Region mit ihrer Hauptstadt Catanzaro liegt also im Süden Italiens. Sie bildet die Stiefelspitze, während der Absatz zu Apulien gehört. Die Küste erstreckt sich über eine Länge von fast 800 Kilometern, und an der Straße von Messina ist Sizilien nur noch zwischen drei und acht Kilometern entfernt. Im Landesinneren ist Kalabrien wild und zerklüftet, aber sehr ursprünglich. Die dichtesten Wälder ganz Italiens findet Ihr in Aspromonte im Süden Kalabriens. Dort stehen teils Jahrhunderte alte Kiefern- und Pinienwälder und die Lorica-Kiefer, eine der ältesten Baumarten Europas. Zudem gibt es Palmen, Kakteen, Opuntien, Agaven, Pinien, Oliven-, Zitronen- und Orangen- sowie Eukalyptusbäume. Eine der großen Spezialitäten ist die Bergamotte-Zitrone, aus der das Aroma für den Earl-Grey-Tee destilliert wird. Die Weinberge haben rund 9.500 Hektar Rebfläche. Da das Gebiet im wesentliche gebirgig ist, findet man die Reben vor allem im Norden an der Küste des Tyrrhenischen Meeres wie auch im Süden an der Küste des Ionischen Meeres. Die Reben sind meist als Buschreben gesetzt. In Italien nennt man diese Erziehungsform Albarello.
Man kann davon ausgehen, dass einige der alten Rebsorten Kalabriens auf Vorfahren in Griechenland zurückgehen. Die Griechen, die ab ca. 1.000 v. Chr. in die Region kamen, brachten Reben mit. Dort trafen sie auf die Etrusker, die ebenfalls schon Reben anbauten. Allerdings gibt es bei Gaglioppo, Greco Bianco und Greco Nero DNA-Parallelen, die zu griechischen Sorten passen. Nach einer Legende kam eine Zeitlang der Siegerwein der antiken Olympischen Spiele aus einer Region, die in der kalabrischen Appellation Cirò liegt. Derzeit wird in Kalabrien zu rund 90 % Rotwein erzeugt. Wichtig sind die Sorten Aglianico, Alicante Bouschet, Barbera, Cabernet, Calabrese (Nero d’Avola), Malvasia Nera, Marsigliana Nera, Montepulciano, Nerello, Sangiovese und Syrah. Im Gegensatz zu Sizilien, wo der Syrah ab den 1980er Jahren den Weinbau zurück in die Erfolgsspur geführt hat, gab es diese Sorte und dieses Erfolgsmoment in Kalabrien nicht. Doch was nicht ist, kann noch werden.
Die Tatsache, dass Kalabrien fast immer übersehen wird, hat auch dafür gesorgt, dass die dortigen Rebsorten nicht wahrgenommen werden. Dabei hat Kalabrien mehr autochthone Sorten als jede andere Region Italiens. Seit einigen Jahren hat sich eine Bewegung von naturalisti gefunden, die es endlich schaffen möchten, diese Aufmerksamkeit zu erreichen. Die Speerspitze bildet Armando Susanna, der zusammen mit Cataldo Calabretta und Gaetano Cianciarusa 1974 die Cantina Enotria gegründet hat, um im DOC-Gebiet Cirò handwerklich ausdrucksstarke Weine zu erzeugen. Jetzt, fast 50 Jahre später, finden diese Weine endlich den Weg auf einen internationalen Markt. Die wichtigste Rebsorte ist Gaglioppo, die von den 90 % Rotweinanteil ihrerseits rund 90 % ausmacht. Es hat lange gedauert, bis die Winzer aus der dickschaligen, spät reifenden und tanninreichen Traube, die rustikal und rau sein kann, Floralität und Eleganz herausgekitzelt haben. Aber das war hier genauso möglich wie beim Aglianico in Kampanien. Immer mehr im Kommen sind zudem der rote Magliocco und die weißen Sorten Greco Bianco, Mantonico und Pecorello. 1993 hat Nicodemo Librandi, der Mitbegründer des international bekanntesten Weinguts Librandi, einen spiralförmigen Weinberg angelegt, um mit einheimischen kalabrischen Sorten zu experimentieren, von denen einige fast ausgestorben waren. Librandi suchte alte Rebstöcke aus der ganzen Region und arbeitete mit der Universität Mailand zusammen, um die ersten offiziell registrierten Klone von Gaglioppo, Mantonico und Magliocco zu erzeugen.
All diese Bemühungen haben auch Winzer mitbekommen, die zwar aus der Region stammen, diese aber wegen Arbeits- und Perspektivlosigkeit irgendwann verlassen haben. Eine solche Gruppe von Rückkehrern und Rebellen sind die Cirò Boys, ein Kollektiv von Natur- und Biowinzern, deren Arbeit jetzt schon als Cirò-Revolution bezeichnet wird. Was in Cirò angefangen hat, passiert nun auch in Cosenza. Auch dort hat sich eine Gruppe ambitionierter Naturwinzer wie Dino Briglio von L'Acino, Eugenio Muzzillo von Terre del Gufo, Vittorio Maradei und –> Giuseppe Calabrese gefunden. Auch in der Terre di Cosenza DOC geht es darum, aus alten, oft weit versprengten, hoch gelegenen Parzellen Wein zu erzeugen, der mit so wenig Zutaten wie möglich und so präzise wie möglich das besondere Terroir dieser Ecken Kalabriens abbilden soll.
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