
Root-Time bei den Oggaus
Kürzlich haben wir Fachpublikum zu einem Online-Tasting mit zwei kalifornischen Weingütern eingeladen. Arnot-Roberts, ein spannendes Garagenweingut der “Indie Wine Scene” aus Sonoma. Sowie Matthiasson, ein Aushängeschild in Sachen Nachhaltigkeit und Biodiversität. Erstaunt hörte ich von der Absage einer Journalistin. Wegen Trump könne sie gerade keine amerikanischen Weine genießen. Ohne Frage, wir leben in politisch aufgeheizten Zeiten.
Wein – das Getränk – ist nicht politisch. Wein hat keine politische Richtung und kennt keine Grenzen, außer die, die von Menschen erschaffen wurden. Meistens sind es Barrieren und Striche auf der Landkarte. Unsichtbar für die Natur, die mit dieser Einteilung nichts anfangen kann.
Es gibt allenfalls progressive und konservative Strömungen in der Weinbereitung und im Geschmack. Wein wird von Menschen gemacht, die eventuell eine extreme politische Meinung haben. Aber sollte man eine ganze Nation boykottieren, wegen der aktuellen Regierungspolitik? Und damit auch alle Menschen, die dort arbeiten, egal wen sie gewählt haben. Wie weit kann diese Diskussion gehen? Eigentlich müsste man China dann auch konsequent boykottieren. Jedes Produkt, das dort hergestellt oder montiert wird. Die Regale hierzulande sähen ziemlich leer aus.
Natürlich gibt es auch in der Weinbranche schlimme Fälle. Ein deutscher Winzer, der den rechten Arm hebt und aus seiner politischen Gesinnung keinen Hehl macht. So ein Verhalten ist inakzeptabel, auch strafbar. Außer wenn Elon Musk einen Sprung der Begeisterung auf der Bühne macht. Es gibt einige berühmte Winzer, die mir in der Vergangenheit negativ aufgefallen sind. Sie stammen aus dem Burgund, produzieren Schaumwein in England – und in Italien feiern einige Aristokraten den Duce, der die Züge pünktlich fahren ließ. Bizarr! Es sind die schlechtesten Beispiele der Branche, lange nicht die Norm. Man muss diese Überschreitungen benennen und verurteilen. Ganz klar.
Ich liebe Wein für andere Eigenschaften. Er spaltet nicht, im Gegenteil, er verbindet. Wird geteilt, lässt mich Exzellenz und Perfektion feiern. Seine Wirkung geht weit über die des Alkohols hinaus. Auch wenn die WHO etwas anderes sagt. Er ist oder kann Botschafter der Natur sein. Er ist gelebte Vielfalt, interkulturell und verkörpert für mich das Sinnbild eines positiven Lebensstils. Natürlich interessiert mich der Mensch, der ihn gemacht hat, auch seine Haltung zum Leben. Aber ich werde mich hüten, ihn zu verurteilen, sollte er nicht meiner Meinung sein. Wein ist gelebte Toleranz. Was nicht heißt, dass ich alles gut finden muss, was andere treiben und von sich geben. Ich wünsche mir mehr Diskurs, weniger Vorverurteilung, mehr Offenheit und ein klares Bekenntnis zum Genuss, vor allem zu Handwerk und Qualität, egal von woher der Wein stammt.
PS: Am besten setzen sich die Staatenlenker mal bei einer Flasche Wein zusammen und überdenken ihre Weltanschauungen. Wir hätten weniger Probleme auf der Welt, for sure.