Willkommen im neuen Kalifornien
Das hat er uns gezeigt bei diesem Tasting, wo er zwei Jahrgänge seiner Weine vorgestellt hat. An ihnen hat er erläutert, was eigentlich das Konzept seines Weinmachens ist. Und wenn wir von »sein« sprechen, dann nur deshalb, weil er gerade da war, während seine Frau mit den Kindern in Südafrika geblieben ist. Denn die Weine machen Chris und seine Frau Suzaan gemeinsam.
Hotspot Hemel en Aarde
Begonnen haben die beiden 2010 in Hemel en Aarde, einem Tal, das etwa anderthalb Autostunden vom Zentrum Kapstadts entfernt ist, wann man die Küste südöstlich hinunterfährt. Hemel en Aarde und die benachbarte Walker Bay sind Hotspots für die neue Generation südafrikanischer Weine geworden. Das liegt einerseits daran, dass man dort so etwas wie Cool-Climate-Weine erzeugen kann, und andererseits findet man dort noch alte Rebbestände. Genau aus diesem Grunde sind die Alheits dort. Was die beiden interessiert, ist eine neue Form von südafrikanischem Wein. Darin sind sie sich übrigens einig mit einer ganzen Gruppe von weiteren Winzern aus der Gegend, mit den Finlaysons von Crystallum zum Beispiel, mit den Mullineux, mit Eben Sadie, Adi Badenhorst und weiteren. Sie alle haben viel zu lange einen wirklich typischen Südafrika-Charakter in den bekannten Weinen vom Kap vermisst. Und genau das ändern sie.
Spezialisierung auf weiße Sorten
Chris und Suzaan haben sich dabei vor allem auf die weißen Sorten spezialisiert. Nach ihren Lehr- und Wanderjahren in Europa war ihnen klar, dass sie auch so etwas suchen wie Tradition beim Weinmachen. Südafrika ist ja ein relativ altes Weinland, und trotzdem hat man den Eindruck, es gehöre zu den jungen Anbaugebieten der sogenannten »Neuen Welt«. Dabei gibt es dort Chenin blanc und Sémillon schon seit Mitte des 17. Jahrhunderts. »Viel länger«, sagt Chris, »als es Cabernet Sauvignon in Bordeaux gibt.« Aber er gesteht natürlich ein, dass die Bordelaiser bisher mehr aus ihrem Cabernet Sauvignon gemacht haben als die Südafrikaner aus Chenin und Sémillon. Was also in großen Teilen fehlt, ist eine Unverwechselbarkeit im Charakter. Woher aber bekommt man die?
Die Suche nach dem unverwechselbaren Stil
Hier hat Chris eine klare Antwort. Sie kommt von dem, was einzigartig ist in Südafrika. Und das sind die alten Reben mit dem altem Genmaterial, das sich im Laufe der Zeit in Südafrika herausgebildet hat. Denn wenn Chenin blanc aus Südafrika zwar grundsätzlich vom Loire-Chenin abstammen mag, so hat er sich doch auf natürliche Weise im Laufe der Zeit verändert und ist nicht mehr direkt vergleichbar. Diese alten Typen zu finden war und ist die Idee der Alheits, Sadies und Mullineux. Fündig geworden sind die jungen Winzer schließlich vor allem im Swartland, wo es die alten Buschreben teilweise noch gibt. Viele sind im Laufe der Zeit abgeholzt worden und durch neue Rebstöcke ersetzt worden. Niemand wusste mehr etwas mit diesen knorrigen Stöcken anzufangen, die nur sehr wenig Ertrag brachten und für deren Saft man keine wirkliche Verwendung hatte in all den namenlosen Weinen, die in dieser Ecke Südafrikas entstanden. Das war übrigens nicht nur in Südafrika der Fall. Man musste nur in den Süden Frankreichs schauen, wo Ähnliches passierte, oder auch nach Portugal, wo erst in den letzten Jahren eine Rückbesinnung stattfand und Winzer diese alten Bestände mit altem Genmaterial plötzlich als großen Schatz entdeckt haben.
Low Intervention
Was wir im Gespräch mit Chris probieren konnten, waren seine südafrikanischen Crus. Und wenn wir von Cru sprechen, meinen wir das auch genauso. Das beginnt mit Cartology, Alheits erstem Wein. Der war auch der erste Wein, den die Alheits 2011 lanciert haben, und er wurde damals schon so hoch bewertet, dass die beiden beinahe Angst bekamen. Immerhin, sie haben sich mit einem ordentlichen Paukenschlag auf der Weltbühne des Weins präsentiert und hatten von Anfang keine Probleme damit, die kleinen Mengen ihrer Crus an die Händler zu bringen. Glücklicherweise waren wir so früh mit dabei, dass wir auch jetzt jedes Jahr eine gute Zuteilung bekommen. Der Cartology ist ein Chenin blanc von vier alten Weinbergen im Swartland sowie einem kleineren Teil Sémillon aus dem Franschhoek. Schon dieser Einstieg zeigt einen unverwechselbaren Stil. Und den kann man als low intervention beschreiben. Ohne ideologisch zu sein, wird so wenig wie nötig eingegriffen. Die ganzen Trauben werden sehr langsam gepresst und vergären natürlich spontan. In diesem Teil des Prozesses wird weder geschwefelt noch etwas anderes hinzugefügt, vor allem auch keine Säure, wie es sonst sehr gerne in heißeren Klimazonen gemacht wird. Die Weine werden alle gleich ausgebaut, und das in gebrauchtem Holz. Neue Fässer findet man überhaupt nicht. »Geschminkt wird nicht«, sagt Chris. »Schwefel ist unser Freund«, sagt Chris weiter, »aber wir nutzen ihn nur in ganz kleinen Dosen am Ende des Ausbaus.«
Alheit Crus
Und so probieren wir uns durch Radio Lazarus, Chenin blanc von hoch gelegenen alten, wurzelechten Weinreben, La Colline, Sémillon von 1936 gepflanzten Rebstöcken, Magnetic North, Chenin von den eisenhaltigen Sandböden am Skurfberg, und schließlich Wein vom Hemelrand Vine Garden, einem gemischten Satz aus Roussanne, Chenin, Chardonnay und Verdelho. Was uns nachhaltig begeistert – und das schreiben wir nicht nur, weil wir die Weine verkaufen –, ist das sehr Eigenständige der einzelnen Weine, die Typizität der Jahrgänge. Dazu kommt die Gemeinsamkeit, die im Keller der Alheits entsteht und die auf der Brillanz der Frucht und Säure beruht, der Mineralität und Salzigkeit der Weine (ja, direkt zwei Buzzwords auf einmal) sowie auf einer entspannten Komplexität, die diese Weine bei gleichzeitig hohem Trinkfluss in sich tragen. Diese Begeisterung entfachte sich nicht nur beim gemeinsamen Probieren mit Chris, der absolut überzeugt ist von dem, was er da tut. Die Begeisterung bleibt, weil Chris und Suzaan richtig gute Weinmacher sind, jeder Schluck Lust auf mehr macht und natürlich auch, weil die beiden Wein am Limit erzeugen.