Kommentar

Der Jugendwahn

Heute morgen bin ich an einer Plakatwerbung vorbeigefahren. Da hatte ein Modell eine ziemlich teuer aussehende Handtasche auf den Knien und das Mädchen war sehr jung. Stark geschminkt, auf älter gemacht aber sicher nicht älter als 14. Das ist ziemlich absurd und passt eigentlich nicht zusammen. Es passt genauso wenig zusammen wie die Bilder, die ich so oft auf Facebook sehe, wo Weinfreunde Fotos posten von Weinen, die sehr teuer waren und die sie schon ein oder zwei Jahre nach Abfüllung trinken. Keine Angst, ich möchte hier niemandem zu nahetreten. Es gibt ja die unterschiedlichsten Gründe, warum Flaschen früh geöffnet und getrunken werden.

Der Jugendwahn

Aber eines wird schon deutlich. Es herrscht so eine Art Jugendwahn. Nicht nur in der Mode. Auch beim Wein. Und dafür gibt es unzählige Beispiele. Seit Jahren pilgern Weinhändler und Weinjournalisten im April nach Bordeaux. Dort werden dann die Crus der besten Châteaux präsentiert. Die Händler und Journalisten kommen dort an und dürfen Weine probieren, die eigentlich noch im Fass liegen, die längst nicht fertig sind und noch eine zweijährige Entwicklung im Fass durchlaufen werden bevor sie auf die Flasche gezogen werden. Und auch dann sind sie noch längst nicht fertig. Aber bewertet werden sie ein erstes und entscheidendes Mal im April im Jahr nach der Ernte. Dazu wählen die Châteauxbesitzer und Kellermeister natürlich das beste Fass aus und präparieren die Weine so, dass sie sich so optimal wie möglich präsentieren. Manche der Kritiker rauschen durch die Châteaux, nehmen sich kaum Zeit und bewerten dann keinen Wein mit weniger als 90 Punkten, viele aber in Richtung 100. Andere – das soll hier natürlich genauso erwähnt werden, bleiben zwei Wochen und beschreiben sehr präzise die Weine, die sie verkosten und bewerten nachvollziehbar. Und doch, es hat sich ein regelrechter Hype um diese so genannten En-Primeur-Verkostungen entwickelt. Es ist so etwas wie eine Marketing-Veranstaltung geworden, die das eigentliche Thema manchmal vergessen lässt. Und so hilft der Hype den Châteaux, die im Monat darauf den Preis für ihre Weine bekannt geben. Sie haben dann meist schon sehr gute Bewertungen in der Tasche und können die stetig steigenden Preise immer irgendwie rechtfertigen.

Verkostung

Das ist natürlich nicht nur im Bordelais so, sondern auch im Burgund, wo es ähnliche Veranstaltungen gibt. Und es begegnet einem auch in Deutschland, wo es mit der Vorpremiere und der Premiere der Großen Gewächse mittlerweile ähnliche Veranstaltungen gibt. Einerseits tut das dem deutschen Wein sehr gut, denn glücklicherweise gibt es auch hier im Land mittlerweile wieder Weine auf Weltniveau, die solch eine Veranstaltung zulassen. Andererseits wirken die Weine oft noch reichlich unfertig. So unfertig, dass immer mehr Weingüter ihre besten Weine ein Jahr länger im Fass lassen und nicht das letztjährige Große Gewächs präsentieren sondern das aus dem Jahr davor. Wenn man diese Weine probiert, bekommt man viel eher einen Eindruck davon, wo die Reise hingeht. Das scheint mir eine Entwicklung zu sein, die Sinn macht.

Verkostung
Verkostung

Der Jugendwahn hat aber nicht nur die Weinelite ergriffen, sondern vor allem auch den Alltagswein. Winzer stöhnen häufig darüber, dass Endkunden, Restaurants und Händler die Weine immer früher im Jahr haben wollen. Es gibt mittlerweile sehr viele Weine im Markt, die schon im Januar angeboten werden. Zur Erinnerung: die Lese erfolgte im September, Oktober und November des Vorjahres. Weine, die im Januar abgefüllt werden, sind keine Qualitätsweine, sondern billiger Stoff, der mit Hilfe von viel Kellertechnik gefügig gemacht wurde. Es sind Weine, die so kalt wie möglich vergoren wurden und mit Hilfe von speziellen Aromahefen und Enzymen ihr Geschmacksmuster erhalten. Diese Weine sind Produkte einer Getränkeindustrie. Und deshalb verzichten wir gerne darauf.

Die Bewegung hin zu primärfruchtigen, uniformen und extrem jungen Weinen provoziert natürlich eine Gegenbewegung. Der so genannte Naturwein ist sicher eine solche Gegenbewegung. Trüber, nicht filtrierter, spontanvergorener und wenig oder gar nicht geschwefelter Wein, der ohne Temperaturkontrolle vergoren wurde, ist die krasseste Antwort auf die Uniformität im Markt. Doch es geht natürlich auch weniger extrem. Winzer wie Markus Hess, die einfach nur guten Wein machen wollen, gönnen ihren Weinen die Zeit, die sie brauchen. Und so werden die Gutsweine, die es andernorts schon im Februar gibt, erst im Mai oder Juni veröffentlicht. Diese Monate verändern die Weine kolossal.

2016er Gut Oggau Rosé & 2016er Gut Oggau rot
2016er Gut Oggau Rosé & 2016er Gut Oggau rot

Ähnlich gehen auch Stephanie und Eduard Tscheppe vom Gut Oggau vor. Sie bringen ihren 2016er Rosé erst bald auf dem Markt. Moment, fragt ihr vielleicht. Dann ist der Sommer aber doch vorbei? Stimmt, aber den beiden geht es um etwas anderes. Sie wollen dem Wein die Zeit geben, die er braucht. Und wenn er dann erst im Herbst fertig ist, wird er der Hit im Sommer 2018 sein. Denn der Rosé des Guts Oggau ist kein Wein für eine Saison. Er wird nächstes oder übernächstes Jahr noch deutlich besser schmecken als jetzt. Eine Antwort auf den Jugendwahn geben auch die Sonderfüllungen von Balthasar Ress: Rieslinge, die 18, 32 und 42 Monate auf der Hefe lagen präsentieren sich halt ganz anders als solche, die viel weniger Zeit hatten. Weine profitieren von Zeit. Weine benötigen in ihrer Entstehung Zeit. Und je besser ein Wein werden soll, desto mehr Zeit benötigt er während seiner Entstehung. Das hat natürlich Grenzen, aber die sind eher der Rentabilität geschuldet.

1978er Castillo Ygay Gran Reserva Especial von Murieta
1978er Castillo Ygay Gran Reserva Especial von Murieta

Also machen wir uns heute Abend mal einen 1978er Castillo Ygay Gran Reserva Especial von Murieta aus der Rioja auf. Diese Weine wurden früher rund 30 Jahre im großen Holzfass belassen, bevor sie verkauft wurden. Die jüngeren Füllungen sind leider längst nicht mehr so lange im Fass. Ok, das ist natürlich irgendwie verständlich. Doch Schade ist es auch. Denn der Wein zeigt eine Größe, eine Tiefe, eine Komplexität, die einfach unvergleichlich ist.

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Name des WeinesSoulfaktorPreis

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