Reiseberichte

Mehr Urlaub im Glas!

Der Wein, der im Urlaub fantastisch schmeckt, mag zuhause so gar nicht mehr munden. Wir erklären, woran das liegt, wie man das vermeidet und wie einem eine gute Flasche Wein sogar dabei helfen kann, im Kopf Urlaubsgefühle zu wecken.

Irgendwo in der Toskana in einer ganz einfachen Bar: Der Wirt bringt Crostini mit Steinpilzen, dazu einen Rotwein. Der ist zu warm, das Glas sicher kein mundgeblasenes und dennoch: In diesem Wein findet man in diesem Moment alles, was man braucht – er passt perfekt zu Stimmung, Essen, Land und Leuten, er schmeckt nach Freiheit und Sommer.

Mehr Urlaub im Glas mit Hendrik
Was kann es schöneres geben?! Ein eisgekühlter Wein im Pool … La dolce Vita im Urlaub. Aber wie sieht es mit dem gleichen Wein zu Hause aus?

Natürlich landen davon ein paar Flaschen im Koffer. Teuer waren sie sicher nicht. Ha! Damit will man zuhause den Weinnerds aus dem Freundeskreis mal beweisen, dass sensationeller Wein nicht teuer sein muss.

Ihr ahnt, wie die Geschichte weitergeht? Richtig. Zuhause groß aufgekocht, Freunde eingeladen und mit großem Brimborium die Flaschen entkorkt. Lange dauert es nicht, bis der erste Gast fragt, was er denn da im Glas habe, ob das Wein sei oder weg könne und überhaupt hätte er jetzt gerne was ordentliches zu trinken. Nach anfänglicher Empörung stellt man fest, dass er recht hat und macht beschämt was anderes auf.

Weine die man im Urlaub trinkt aber zu Hause ganz anders schmecken. Warum ist das so?

Warum schmeckt der Wein nicht mehr? Erklären kann man das auf zweierlei Weise. Einmal wissenschaftlich: Luftdruck, Lichtintensität oder Farben beeinflussen unsere Sensorik, also wie wir riechen und schmecken.

Das kann jeder ganz einfach selber ausprobieren. Probiert einen Wein vor einer Bergwanderung im Tal und dann auf dem Gipfel. Ist die Säure im Tal harmonisch, wird sie auf dem Gipfel als deutlich herausstechender empfunden. Dasselbe gilt für Tannine. Übrigens: dieser Effekt wird immer geringer, je öfter einer der folgenden Schlagworte bei der Weinbereitung auftaucht: Spontangärung, ungeschönt, unbehandelt und unfiltriert, Holzfassausbau…Weine, die in diese Richtung gemacht sind, scheinen unempfindlicher gegen die Höhe zu sein.

Luftdruck und Wein - Die Höhe ist entscheidend
Beim Verkosten von Wein kommt es ganz darauf an wo man sich befindet. In den Bergen in großer Höhe schmeckt der gleiche Wein auf einmal ganz anders.

Probiert einen Wein einmal mit Sonnenbrille auf der Nase und einmal ohne – selbst das wird sich bemerkbar machen. Die Farben in unserer Umgebung haben nämlich Einfluss. Oder schenkt Euch ein Glas ein, wenn sich am Horizont ein Gewitter zusammenbraut – und das nächste kurz bevor das Unwetter losbricht. Gewitter schieben Luftdruckfronten vor sich her. Und ähnlich wie auf dem Gipfel schmeckt der Wein bei unterschiedlichem Luftdruck anders.

Die zweite Erklärung klingt auf den ersten Blick nicht wissenschaftlich sondern emotional. Im Urlaub sind wir entspannt. Wir können uns in diesem Moment keinen schöneren Ort vorstellen, als diese kleine Kneipe mit dem Wirt und den Crostini. Den Geschmack des Weins verbinden wir von nun an jahrelang mit diesem Ort und diesem Moment. Das lässt sich aber auch mit der Wissenschaft erklären. Geschmack und Emotion rumpeln nämlich irgendwo im limbischen System zusammen und sind dann auf immer miteinander verbunden.

Was bringt das nun dem geneigten Weintrinker, der im Urlaub eine Kiste – nun ja – mittelmäßigen Weins erstanden hat?

Mal ehrlich: Wir alle vermissen doch dieses Urlaubsgefühl

Erstmal die Erwartungen runterschrauben. Der Wein wird am heimischen Küchentisch nicht unbedingt schlechter schmecken. Garantiert aber wird er anders schmecken. Darauf solltet Ihr vorbereitet sein. Dann sollte es auf jeden Fall was zu essen geben, was es im Urlaubsland auch gab. Es ist eine alte Weisheit, dass Weine am besten zu den Speisen aus ihrem Anbaugebiet passen. Da fallen uns zum Beispiel Austern und ein Muscadet (von Gaec du Haut Planty) in der Bretagne ein, Albariño (von Forjas del Salnés) und Piementos de Padron am Strand von Galizien oder aber Spaghetti al Ragú mit einem Sangiovese (von Candialle) in der Toskana.

Austern und Muscadet
Austern und ein Muscadet von Gaec du Haut Planty. Ein Perfect Match.

Ganz wichtig: Keine Freunde einladen! Ganz egal, wie gut Ihr sie kennt und wie gerne Ihr sie mögt. Denn sie verbinden mit dem Wein nicht das gleiche wie Ihr, diesen herrlichen Sommertag, diese Kneipe, das Meeresrauschen, die Wärme, die Sonne…für sie ist es einfach Wein. Und deshalb werden sie ihm niemals die gleiche Wertschätzung entgegenbringen.

In dieser Zeit, in der man nicht ganz so gut reisen kann wie sonst, geht aber noch etwas anderes: Verreisen mit Wein, mit mehr Spaß im Glas. Denn mit guten Weinen, die absolut typisch sind für ihre Herkunft, lassen sich Urlaubsgefühle nicht nur zurückholen. Wer genug Fantasie hat und sich auf dieses Spiel einlässt, der kann sie sogar erwecken.

Provence und Rosé, zwei Sehnsuchtsbegriffe

Nehmen wir zum Beispiel mal den Rosé „Cuvee Prestige“ von der Domaine des Férauds.
Der passt ganz wunderbar, schon optisch. Denn seien wir ehrlich: Das Etikett wirkt zwar nicht so reißerisch wie mancher gehypte Provence Rose mit mittelmäßiger Qualität aber es geht ja um den Inhalt. Also nun mal angenommen, Ihr habt Lust auf Südfrankreich, auf einen Rosé aus der Provence, Ihr möchtet dort in einem Ferienhaus sitzen, Urlaub machen, vor Euch ein endloses Feld blühenden Lavendels…oder nein halt, stellt Euch mal folgendes vor: Ihr sitzt auf dem Platz irgendeines kleinen Dorfes, Saint-Irgendwas-de-Provence, am Tisch eines Bistros. Ein paar Meter weiter, im Schatten der Platanen, spielen ein paar alte Herren eine Partie Petanque. Zwei Französinnen verlassen den Bäcker auf der anderen Seite, ein paar Baguettestangen unter die Arme geklemmt, und schlendern fröhlich plappernd und lachend über den Platz. Ein junger Mann knattert auf einer Vespa vorbei. Tauben gurren durch die Gegend, Kinder rennen spielend vorbei. Die Sonne steht schon etwas tiefer.

Urlaub Provence
Wenn wir den Rosé „Prestige Cuvee“ im Glas haben, kommen sofort Urlaubsgefühle auf. Ein Stück Provence im Glas!

Solche Gedanken macht Ihr Euch mit geschlossenen Augen. Und wenn Ihr nun zum Glas greift – das übrigens mit Bedacht gewählt sein will, das mundgeblasene Gabriel-Glas bleibt bei dieser Gelegenheit hübsch im Schrank, da muss was derberes her, etwas, das eben in ein Bistro passt – dann ist dieser Geruch des Weins und erst recht der Geschmack auf der Zunge der letzte Kick, der Euch dann tatsächlich auf diesen französischen Marktplatz versetzt. Kino und Urlaub im Kopf. Urlaubsgefühl pur.

Darf’s Ligurien sein? Imperia vielleicht? Das Meer? Leckere Meeresfrüchte?

Oder mal angenommen, Euch steht der Sinn nach Ligurien. Fast jeder war schon mal in Italien an der Küste und hat ein paar Bilder im Kopf. Mit eigenen Fotos oder welchen aus dem Netz lässt sich schnell Urlaubsstimmung heraufbeschwören. Geht zu Pinterest oder Instagram und sucht nach #ligurien. Schnell werdet Ihr Fotos finden von traumhaften Stränden, Städtchen am Meer oder in den Bergen, von einem traumhaften Ferienhaus oder Agriturismo, von Menschen, die am Meer unterwegs sind und in einer Taverne jeder Menge frische Meeresfrüchte vertilgen. Schließt wieder die Augen, setzt Euch in Gedanken zu diesen Menschen an den Tisch…im echten Leben habt Ihr Euch auf diesen Moment vorbereitet. Ihr wart beim Fischhändler und habt Euch eingedeckt mit Fisch, Meeresfrüchten oder vielleicht habt Ihr sogar einen Tintenfisch gekauft – lecker. Vielleicht macht Ihr daraus einen schönen Meeresfrüchtesalat, Spaghetti Vongole oder legt den Tintenfisch auf den Grill. Dann schenkt Ihr auf jeden Fall den Bonazolae von Cà du Ferra. Und dann ist Ligurien im Kopf fast so schön wie selber dort sein.

Urlaub Ca du Ferra
Der Blick vom ligurischen Weingut Cà du Ferra auf das Mittelmeer… Wish we were there.

Urlaub in Südafrika? Kapstadt? Auch kein Problem

Man kann aber auch wohin reisen, wo man noch nie war. Südafrika zum Beispiel. Hilfreich sind eine blühende Fantasie, ein volles Bücherregal und ein Internetanschluss. Aber erstmal eine Flasche aufmachen, und zwar den Kloof Street Rouge von den Mullineuxs und lest, was in unserem Shop zu dieser Flasche steht…dann fängt man an zu googeln. „südafrika kulinarisch“ zum Beispiel. Klickt Euch durch Bilder von Biltong (Trockenfleisch), gefüllten Teigtaschen (Samosa) und Amagwinya (frittierten Teigbällchen). Nehmt einen ersten Schluck und stellt Euch vor, wie dieser herrlich kraftvolle Rotwein zu den Speisen wohl passen würde. Dann schaut doch mal, wie das Wetter in Kapstadt gerade ist, sucht zwei, drei schöne Webcams in Kapstadt und genießt den Blick auf den Tafelberg und das Meer. Zum Schluss blättert ein bisschen in einem Buch, das in Südafrika spielt, „Frühstück mit Elefanten“ zum Beispiel, geschrieben von Gesa Neitzel, einer jungen Frau aus Berlin, die sich in Afrika zur Rangerin ausbilden lässt. Lasst dazu eine Playlist auf Spotify mit südafrikanischer Musik laufen – entspannt herrlich.

Urlaub Südafrika
Andrea & Chris Mullineux bewirtschaften alte Rebgärten mit einem traumhaften Panorama über das Swartland.

 

Trotzdem ist nichts so schön, wie in Wirklichkeit die Koffer zu packen, und auf Reisen zu gehen. Und da Ihr jetzt ja wisst, was beim Urlausbwein zu beachten ist: Bringt Wein mit!

Ein Gastbeitrag von Patrick Hemminger – lebt in Bernried am Starnberger See und betreibt den Blog „Der Genuss-Insider“

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