Alkoholbomben, monströse Frucht, Billiges für den Mainstream - wer an australische Weine denkt, hat oft solche Klisches im Kopf. Dabei steht der Kontinent längst auch für kühle Eleganz.
„Tue Gutes und rede darüber.“ Hätten die australischen Weinbauern in den letzten Jahren dieses Motto beherzigt, wäre ihr Ruf in der Weinwelt sicher besser. Nicht, dass die australischen Weine generell ein schlechtes Image hätten, aber es gibt eine ungerechte Schere zwischen Wirklichkeit und Wahrnehmung ihrer Qualität. Die meisten Weintrinker verbinden Downunder nur mit zwei Stilistiken: Zum einen mit langweiligen, marmeladigen, und technisch gemachten Weinen für den Mainstream, die sich in den Regalen der Supermärkte nur über ein einziges Merkmal definieren – den niedrigen Preis. Zum anderen mit schweren Fruchtbomben, von der Kritik top bewertet, aber astronomisch teuer. Kein anderes Weinbauland außer vielleicht Chile hat die Vorurteile gegenüber der Neuen Welt besser bedient als Australien.
Autor Hendrik Thoma
Dabei hat sich seit rund einem Jahrzehnt zwischen diesen Extremen ein breites Spektrum von interessanten und komplexen Weinen entwickelt – Die Winzer aus „Oz“ haben erkannt, dass sie viel mehr können. Viele kleine Produzenten arbeiten individuell und handwerklich. Die Palette an Rebsorten ist heute reichhaltiger als je zuvor: vom Fiano zum Nebbiolo, vom Sémillon zur Touriga Nacional.
Mike Aylward // Weingut Ocean Eight
Insbesondere der extreme teils überzogene Ausbau im Eichenholz ist zurückgegangen. Es gibt ihn noch, aber er hat nicht mehr dieselbe Dominanz wie bei den „Trophy Winners“ und „Show Reserves“ der 90er Jahre. Gleiches gilt für den Alkoholgehalt. Viele Weine werden jetzt früher gelesen und haben Werte um die 13 anstelle von 15 und mehr Volumenprozent. Gute Produzenten sind dazu übergegangen, ihre Reben in kühleren Zonen zu pflanzen, vergären ihre roten mit Stielen und Stängeln und keltern Weine, die so manchen vorurteilsbeladenen Europatrinker begeistern würden.
Mornington Peninsula im NebelMornington Peninsula – Weingarten an der Küste
Die größte Überraschung bereitet der Chardonnay. Die eleganten Vertreter von der Mornington Peninsula südlich von Melbourne, etwa Kooyong, Paringa und Ocean Eight, oder von Giaconda nödlich von Melbourne, zeigen jenen steinig-mineralischen Stil, den Weinkenner mit Burgund in Verbindung bringen. Von den Weinen der nördlichen Hemisphäre unterscheiden sie sich vor allem durch die wuchtigere Frucht, die aber genauso begeistern kann. Auch andere Regionen interpretieren die Rebsorten meisterhaft. Im kleinen Anbaugebiet Westaustralien bei Perth sind es Château Xanadou oder der alteingesessene Pionier Leeuwin Estate, die langlebige, elegante Chardonnays abfüllen.
Kulinarisches in Adelaide
Penfolds, einer der größten Player im Geschäft, hat schon vor Jahren kühlere Zonen für eine feinere Stilistik identifiziert. Mit dem „Bin 144 Yattarna“ und dem „Bin 311“ aus dem hoch gelegenen Tumbarumba in Victoria liefert das Gut Beispiele für spannungsgeladenen Wein, der ganz oben mitspielt. Die südaustralischen Adelaide Hills mit Gütern wie Shaw & Smith oder die vom Meer beeinflussten Weinberge von Tasmanien sind gut geeignet, um kühlere, straff schmeckende Frucht hervorzubringen.
Tumbarumba – Die Weingärten liegen bis zu 850 Meter über N.N.
Ähnlich sieht es beim Shiraz aus, jener Rebsorte, die viele Wientrinker einst auf Australien aufmerksam gemacht hat und die seither aufgrund ihrer übermächtigen Frucht in Ungnade gefallen ist. Natürlich gibt es noch die Parker-Fruchboliden , die unbestritten ihre Berechtigung am Markt und ihre Liebhaber haben. Australien allein auf solche Monsterweine zu reduzieren ist jedoch nicht nur unfair, es zeugt euch von Unkenntnis. Aus den Adelaide Hills kommen von Gütern wie The Lane mittlerweile würzig-pfeffrige Syrahs mit knackig-frischem Geschmack. In einer Blindverkostung würden sie wahrscheinlich als Vertreter der nördlichen Rhône identifiziert werden.
Dass ein klassischer Barossa-Valley-Shiraz kein Wein mit hoher Oktanzahl sein muss, zeigen junge wilde wie Kym Teusner. Natürlich sind seine Weine fruchtig und intensiv, aber das Zeitalter der parfümierten Cassis-Wuchtbrummen mit Eukalyptusgeschmack haben sie längst hinter sich gelassen.
