In unserer Reihe Winzer im Fokus, bekommen wir Einblicke in die Arbeit auf dem Weingut und die ganz persönlichen Einstellungen zum Wein und zum Leben.
Ich bin Josephin Peränen vom Weingut Candialle in Panzano im Chianti in der Toskana, Italien. Ursprünglich stamme ich aus dem Sauerland, wo meine Familie seit 1753 in Warstein Bier braut. Als zweite Tochter hat es mich schon früh eher zum Weinbau als zum Bierbrauen hingezogen.
Seit 2002 führen mein finnischer Mann Jarkko Peränen und ich unser Weingut im Chianti. Hier bauen wir in einem der ältesten Anbaugebiete der Welt Sangiovese an und keltern daraus den weltberühmten Chianti Classico.
Warum bist Du Winzerin geworden?
Ich wollte immer auf dem Land leben und arbeiten. Der Weinbau schien mir ideal, weil man das ganze Jahr in einem immerwährenden Zyklus lebt: vom Austrieb der Reben, zur Lese der Trauben, dem Pressen und schließlich der Abfüllung auf die Flasche. Ich empfinde dies als einen sehr naturnahen Beruf.
Das Weingut Candialle in Panzano, also mitten in der Conca d’Oro in Chianti.
Gibt es Vorbilder, die Dich im Weinbau inspirieren oder inspiriert haben?
Natürlich gibt es große Winzerpersönlichkeiten, aber am meisten inspiriert hat mich die Erdverbundenheit von Landwirten.
Was nervt Dich an der Arbeit des Winzers?
Das viele Reisen und die italienische Bürokratie. All dies verbraucht wertvolle Zeit, die ich lieber hier im Weinberg verbringen würde.
Was ist die Besonderheit in Deiner Region?
Unser kontinentales Klima, die wie für den Weinbau geschaffenen Galestroböden und natürlich die atemberaubende Schönheit des Chiantis.
Terroirwein oder Kellerwein…..und warum?
Muss ich mich da entscheiden? Terroir ist maßgeblich, aber ohne sorgfältiges Arbeiten im Keller schafft man keine großen, beständigen Weine.
Tradition oder Innovation…..und warum?
Wir sind ein klassisch-traditionell und innovatives Weingut, das sagt doch schon alles. Ich habe großen Respekt vor Tradition, aber man muss offen für Entwicklungen sein und den Mut haben, Neues auszuprobieren.
Wir haben unseren Weinkeller nach energieeffizienten Maßstäben gebaut und als eines der ersten Weingüter unausgekleidete Rohzementtanks benutzt. Candialle war der erste Weinproduzent in ganz Italien, der Clayver-Keramkikkugeln beim Ausbau getestet hat, und wir waren wohl auch die Ersten, die auf Baumwolle (statt Plastik) zum Rebaufbinden umgestiegen sind. Und das schon vor über 18 Jahren.
Wie wichtig ist biologischer Anbau für Dich?
Sehr wichtig. Wir leben und arbeiten mit der Familie auf unserem Weingut Candialle. Es war also von Anfang an klar, dass wir so umweltschonend wie möglich arbeiten würden.
Wir haben zwei Kühe und produzieren den Kompost zur Düngung des Weinbergs sellbst. Unser Bestreben ist es, so wenig wie möglich einzugreifen, dazu gehört zum Beispiel auch das minimale Benutzen des Traktors, um der Verdichtung des Erdreichs entgegenzuwirken,
Noch dazu gibt es in unserem Dorf Panzano im Chianti den ersten Zusammenschluss von Weinbauern und Landwirten, die fast ausschließlich biologisch arbeiten. Die gesamte biologische Anbaufläche in Panzano beträgt 90% und wir hoffen, dass es in wenigen Jahren 100% sein werden. Somit sind wir in Italien, aber auch in Europa, die erste Weinbauregion, die einheitlich biologisch produziert.
Welche Herausforderungen stellt der Klimawandel Deiner Region?
Die ganze Welt ist vom Klimawandel betroffen, doch durch das kontinentale Klima im Chianti kommen wir bisher, im Vergleich zu anderen Anbaugebieten, sehr glimpflich davon. In den letzten Dekaden konnten wir beobachten, dass das Klima extremer wird. Längere Trockenphasen, stärkere Regenfälle. Wir nehmen an, dass dieser Trend sich über die nächsten Jahre weiterhin verstärken wird.
Haben sich die Weine in den letzten Jahren durch diesen Einfluss verändert?
Nein. Natürlich spiegelt jeder Jahrgang die klimatischen Besonderheiten des Jahres wider. Jedoch lernt man als Winzer diese auszubalancieren und die Eigenheiten des Terroirs zum Ausdruck zu bringen.
Du hast einen Wunsch frei. Welcher ist das?
Entschleunigung für die Welt.
Was ist Dein Lieblingswein?
Ich habe zu viele, um hier alle aufzulisten. Ich liebe die Weinwelt für ihre unglaublich bunte Vielfalt an Rebsorten und Anbaugebieten. Nicht wählen zu müssen, ist ein absoluter Luxus.
Was ist für Dich Lebensqualität?
Zeit mit meiner Familie, gutes Essen und Weine und natürlich ein Saunabier aus meiner Heimatstadt Warstein nach einem langen Arbeitstag.
Was ist das Besondere am La Misse?
La Misse di Candialle ist unser „kleiner“ Chianti. Sein Name entspringt einem florentinischen Dialekt und bedeutet „La Signorina di Candialle“.
Die Trauben stammen von unseren jüngeren Weinbergen und der Wein gärt und reift in 33 hl Betontanks. Der La Misse ist ein klassischer Chianti, mit den ursprünglichen Rebsorten Sangiovese, Canaiolo und Malvasia Nera. Ein Chianti Classico, der eigentlich zu allen Gerichten passt – ein wunderbarer Wein für jeden Tag.
