Malbec, der große Verführer
Wer mag sie nicht, die großartige Aromenwelt des Sauvignon Blancs? Maracuja, Stachelbeere und grüne Noten wie frisch geschnittenes Gras und Paprika – grüner Paprika! Auf dem Teller bevorzugen wir die rote und gelbe Variante, aber wieso ist die Aromatik der grünen Paprika im Wein so beliebt, dass manch gewiefter Winzer in der ein oder anderen Überseeregion (in der EU verboten) während der Weinbereitung künstlich hinzufügt? Wahrscheinlich habt Ihr diese Aromen bereits selbst im Glas wahrgenommen – mal intensiver, mal zurückhaltender. Die Frage ist nur, wie genau kommen diese Aromen ins Glas und was, wenn es zu intensiv wird und plötzlich nach Katzenklo riecht?
Woher kommen diese Gerüche eigentlich?
Es geht um eine der intensivsten und charakterstärksten Aromengruppen im Wein – die Gruppe der Methoxypyrazine. Ein schwieriges Wort mit einer einnehmenden Wirkung. Ob Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Carmènere, Sémillon oder auch Scheurebe, sie enthalten in ihrer Beerenhaut und ihrem Fruchtfleisch diese besagte Aromagruppe. Es ist eine der flüchtigen Aromen, die an grüne Bohnen und – in einer Vorstufe (2-Methoxy-3-isobutylpyrazin) – an grüne Paprika, geschnittenes Gras, Spargel und Stachelbeere erinnert. Der Duft von Kräutern, Zuckerschoten, Oliven, Jalapeños oder erdige Noten haben ihren Ursprung ebenfalls im Pyrazin. Hier reichen schon geringste Mengen, um das Grün im Glas wahrzunehmen. Sie verleihen den Rebsorten ihre spezielle Identität und dem Sauvignon Blanc eine frische, kräutrige Note von Minze über Estragon bis hin zu frischer Petersilie oder Basilikum.
Wieso riecht mein Wein nach Paprika?
Beim Cabernet Sauvignon und den anderen roten Bordeaux sind es Aromen von roter und grüner Paprika, Oliventapenade und Minze, die ihre Charakteristika ausmachen. Doch schon ein Hauch mehr davon und es riecht alles andere als vorteilhaft. Wer will schon etwas genüsslich trinken, was nach Spargelwasser oder zu intensiv nach grüner Paprika riecht? Hier spalten sich die Geister: entweder man liebt es oder man kann es nicht ausstehen…
Was sind Methoxypyrazine?
Pyrazin ist der Oberbegriff für die Gruppe chemischer Verbindungen, die in vielen Gemüsesorten für das grüne, vegetabile Aroma sorgen. Im Wein duften Pyrazine, je nach Herkunft und Vinifikation, mehr oder weniger intensiv nach grüner Paprika, frisch geschnittenem Gras, Erbsen, Bohnen, Stachelbeeren oder auch Katzenklo oder Schweiß…
Der Gehalt an Methoxypyrazinen nimmt mit dem Wachstum der Beere bis kurz vor der Véraison zu – dem Punkt, ab dem die ausgewachsene Beere zu reifen beginnt, Farbe bekommt und weich wird. Von nun an nimmt die Pyrazinproduktion wieder ab. Die Natur hat sich dabei nämlich etwas Schlaues einfallen lassen und will so Vögel vom Verzehr unreifer Beeren und unfruchtbarer Samen abhalten. Später gelesene Trauben enthalten somit weniger der intensiv riechenden Aromen. Auch das Entblättern der Rebstöcke noch vor dem Reifezeitpunkt und dem einhergehenden Lichteinfall sorgen für den Abbau.
Wie riecht grüne Paprika?
Die Chance einen im „Worst Case“ nach Schweiß oder Katzenklo riechenden Wein zu keltern, ist in kühlen Regionen wie Sancerre wesentlich höher als in heißen Gebieten, in denen es schneller zur Vollreife der Früchte kommt. Die Ausprägung des Temperaturverlaufs übers Jahr ist somit von großer Bedeutung. In kühleren Jahren findet man z. B. Nuancen von Jalapeño auch beim Albariño bzw. Alvarinho, wohingegen diese Aromengruppe in wärmeren Jahren eher an den Duft von Stachelbeeren erinnert. Primär ist es also dem Weinbergsmanagement des Winzers zu verdanken, in welcher Form und Ausprägung die grünen Aromen im Glas vorhanden sind. Erfahrung und Know-how sind entscheidend, um dem Wein das richtige Maß an grüner Aromatik mitzugeben. So ist es keine Seltenheit, dass Weintrauben etwas früher gelesen werden, um dem Wein eine intensivere grüne Stilistik zu verleihen.
Nur keine Scheu vor ungewohnter Aromatik!
Schlussendlich liegt es am Winzer, den richtigen Lesezeitpunkt zu treffen und schon mit dem Laubwand-Management die Aromenvielfalt zu lenken. Als Weinfehler wird es allerdings nicht bezeichnet und ist von einigen Weinliebhabern sogar gern gesehen. Zum Glück lässt sich über Geschmack streiten. Wer sich eine Flasche Sauvignon aufmacht, der wird schon wissen, was ihn ungefähr erwarten wird. Seit den 90er Jahren hat sich der bevorzugte Weingeschmack zum Glück etwas gewandelt, weshalb die vollreifen Trauben auch ein paar Tage später gelesen werden, und auf den künstlichen Zusatz verzichtet man hoffentlich komplett. Nichtsdestotrotz sollte man neugierig bleiben und die Charakteristika verschiedener Rebsorten nicht schon vor dem Probieren in eine Schublade stecken. Egal ob Weiß- oder Rotwein: nur keine Scheu vor grünen Aromen!