Allgemein

So viel Wein … aber wohin damit?

Gehört Ihr auch zu jenen, die ständig so viele tolle Weine finden und einkaufen, dass sie gar nicht mehr wissen, wohin damit? Geht es Euch wie uns? Dann haben wir hier die Lösung für Euch und geben mal ein paar Beispiele, wie eine richtige Weinlagerung aussehen kann. Manche lagern ihre Weine ja mittlerweile am Meeresgrund, andere sprengen Stollen in die Berge, die nächsten bauen ihren Keller aus oder kaufen sich einen Klimaschrank. Es gibt also die unterschiedlichsten Herangehensweisen, wie man Weine vernünftig untergebracht bekommt.

Mut zur Beschränkung

Eigentlich dürfen wir das ja gar nicht zu laut sagen, aber wer Wein liebt, hat oft das Problem, dass er tendenziell zu viel kauft. Das geht uns wohl ebenso wie Euch. Das Angebot an Weinen, die man unbedingt haben will, ist nun mal sehr groß. Die Verlockung, vor allem limitierte Weine zu erwerben, ist noch größer. Und irgendwann steht man da und weiß nicht mehr, wohin mit den vielen Flaschen. Außerdem wird man natürlich nicht jünger. Und wollt Ihr alle Flaschen vererben? Was dann passieren kann, steht übrigens in dem sehr amüsanten Roman »Bordeaux« von Paul Torday.

Wein am Limit - Weinpool
Der Wein am Limit – Weinpool

Der eigene Keller

Aber zurück zur Weinlagerung. Wenn Ihr einen eigenen Keller mit ein wenig Platz habt, dann ist das schon mal eine gute Voraussetzung. Der Keller sollte dunkel sowie kühl sein und außerdem Luftfeuchtigkeit haben. 10 bis 12 °C sind ideal, aber für die meisten Weine darf es auch wärmer sein – Hauptsache, der Keller schwankt nicht ständig zwischen 10 und 20 °C. Das hält kaum ein Wein lange aus, besonders die sogenannten Naturweine nicht. Marcel Lapierre, der bekannte Beaujolais-Winzer und einer der Ersten, die mit minimalem Schwefel gespielt haben, sprach von 14 °C , die der Keller nicht überschreiten sollte. Luftfeuchte spielt deshalb eine Rolle, weil die Korken immer ein wenig feucht bleiben müssen. Ist der Keller knalltrocken, schrumpfen die Korken und werden undicht. 60 bis 70 % sind ideal.

Weinkeller
Ein gut eingerichteter Weinkeller mit Weinregalen von Müller-Soppart. Foto: Müller-Soppart

Gelagert werden Weine fast immer liegend. Wenn sie nur für ein paar Monate oder ein Jahr in den Keller wandern, ist das egal, dann kann man sie auch hinstellen. Aber hochwertige Weine mit Reifepotential sollte man immer hinlegen, damit der Korken befeuchtet wird. Das gilt dann auch für große Champagner oder Cava, die im Keller weiter vor sich hin reifen. Das tun sie übrigens besonders gut, da sich immer CO2 zwischen Wein und Korken befindet und den Wein schützt. Alles andere, also frisch zu trinkende Schaumweine, Weine mit Glaskorken oder mit Schraubverschluss dürfen stehen oder liegen, das ist völlig egal

Optimale Lagerung im Weinkühlschrank
Optimale Lagerung im Weinklimaschrank

Der Weinklimaschrank, die erste Alternative

Wenn es mit dem eigenen Keller nicht klappt oder die Temperaturen zu stark schwanken, wird es komplizierter – und zumindest teurer. Die erste Alternative ist ein Weinklimaschrank, in dem man ein gutes Kleinklima herstellen kann. Da gibt es die unterschiedlichsten Modelle. Manche sehen aus wie mannshohe Kühlschränke mit weißer Tür. Die haben dann nur einen sehr begrenzten Glamour-Faktor. Für den Keller sind sie aber gut geeignet, und es passt richtig viel hinein. Wenn die Schränke in der Wohnung stehen sollen, sind es Geräte mit Glastüren und unterschiedlichen Klimazonen für Weiß- und Rotweine, und diese Schränke können schnell mal ein paar Tausender kosten. Und so ganz ohne sind sie auch nicht. Meist passen deutlich weniger Flaschen hinein, als die Hersteller angeben. Sie verbrauchen auch nicht unerheblich Strom, und die Filter sollten regelmäßig gewartet werden. Vor allem aber vibrieren sie häufig, und das macht sie ungeeignet für eine wirklich lange Lagerung. Trotzdem, für die, die zu Hause kaum eine Alternative haben, ist der Weinklimaschrank eine sinnvolle Investition. Kleiner Tipp: Die Weißen für den Keller gibt es schon mal hier und da in den Kleinanzeigen. Das belastet den Geldbeutel nicht so stark, und Ihr habt mehr Geld für Wein übrig. Nicht alle Weinkühlschränke sind geeignet zur Lagerung. Manche sind einfach nur umgebaute Kühlschränke. Hier empfiehlt sich genauer hinzusehen.

Die Winebank Hamburg
Die wineBANK Hamburg

Weine außerhalb lagern

Da Platz immer teurer wird, vor allem in den Innenstädten, findet man dort auch immer mehr Unternehmen, die gesicherte, trockene und kühle Stellflächen für alles Mögliche anbieten. Da kann man natürlich auch seine Weine lagern. Für solche Fälle gibt es sogar stapelbare Kunststoff-Kisten für Weine, die von vorne statt von oben zu öffnen sind. Außerdem gibt es Anbieter (z. B. Boxatwork), die die eingelagerten Kisten innerhalb von 24 Stunden zurück nach Hause liefern. Ein besonders schöner Ort ist in manchen Städten die wineBANK wo man sich nicht nur Fächer zur Lagerung mieten, sondern auch mit Freunden den Abend verbringen kann.

Unterwasserlagerung
Unterwasserlagerung

Wenn es extrem wird

Im Juli 1998 bargen Taucher in 64 Meter Tiefe aus dem Wrack des Frachters Jönköping 2400 Flaschen Wein, Cognac und Champagner. Eigentlich war die Ladung für den Zaren und seine Armee bestimmt, aber ein deutscher U-Boot Torpedotreffer brachte das Schiff zum Sinken. Insbesondere der Champagner hielt sich bestens auf seiner Zeit am Meersboden, während der Cognac und der Wein die Zeit nicht besonders gut überdauert haben. Das macht Sinn, denn der Champagner war süß und hatte beim öffnen sogar noch etwas Kohlensäure. Einge Flaschen haben geschmeckt wie Engelsnektar. Die Weinmacher der Mira Winery machen da andere Erfahrungen. Sie lagern Teile ihres Cabernet Sauvignon in einer Meeresbucht bei Charleston Harbour, allerdings in nur 18 Metern Wassertiefe und bei schwankenden Temperaturen von 8 bis 18 °C und einer ständigen Bewegung durch die Gezeiten. Dort entwickelt sich der Wein deutlich schneller als im eigenen Keller. Das ist also weniger optimal, aber es wird weiter experimentiert. Craig Hawkins zum Beispiel, Winzer aus dem Swartland in Südafrika, hat nicht etwa fertig abgefüllte Weinflaschen auf den Meeresboden gesetzt, sondern acht gebrauchte Barriquefässer gefüllt und für zwölf Monate in einem Betontank im Meer versenkt. Das Ergebnis war eher suboptimal. Dass das Lagern von Wein unter Wasser nicht immer klappt, mussten auch ein paar Weinfreunde in der Schweiz erfahren, die dachten, sie könnten das Leben ihrer Chasselas-Flaschen durch die Lagerung im See ein wenig verlängern. Doch nach einem Jahr waren die Flaschen komplett hinüber. Bei Crusoe Treasure ist das anders. Deren Weine Classic und Passion werden zunächst im Holzfass ausgebaut und dann in Flaschen in einem eigens angelegten künstlichen Riff der Biskaya gelagert. Das hat sein Gutes; denn das Riff beherbergt heute mehr als 150 Tier- und Pflanzenarten. Doch dafür sind die Weine auch nicht ganz günstig. Wie auch immer, der Unterwasserwein bleibt sicher eine Fußnote der Weingeschichte.

1907 Heidsieck & Co. Monopole "Gout American" schmeckte traumhaft frisch im Jahr 2000
1907 Heidsieck & Co. Monopole „Gout American“ schmeckte traumhaft frisch im Jahr 2000

Gereifte Weine im Angebot

Wenn Ihr Euch nicht nass machen wollt, habt Ihr allerdings auch noch andere Alternativen. Eine ist zum Beispiel, gereifte Weine zu erwerben. Wer diese Flaschen bei Auktionen im Internet erwirbt, sollte sich auskennen und auf der Hut sein. Beim Verkauf von renommierten Weinen wird viel getrickst. Der Film über den Fälscher Rudy Kurniawan lief vor nicht allzu langer Zeit im TV, und man findet ihn unter dem Titel »Sour Grapes« auch bei Netflix. Es ist schon amüsant, zu sehen, mit welchem Aufwand das Fälschen von Weinen betrieben werden kann.

"Sour Grapes" Dokumentation über Ruda Kurniawan
„Sour Grapes“ Dokumentation über Rudy Kurniawan // Foto: Arte France

Neben der kriminellen Energie und Leuten, die eher suboptimal gelagerte Weine bei der Internetplattform mit den vier Buchstaben anbieten, gibt es auch Anbieter, die sich auf Weinversteigerungen spezialisiert haben. Das kann bei (Christie’s, Southeby’s, Zacchy) sehr teuer werden, muss es aber nicht. Es kommt halt darauf an, was man sucht. Die bekanntesten Anbieter in Deutschland (Munich Wine Company und Koppe & Partner) bieten nicht nur Lafite und Romanée-Conti an, sondern auch gereifte Kabinett-Weine, die man sich schon deutlich eher leisten kann.

Wenn Ihr es etwas einfacher und auch sicherer haben möchtet, an gereifte und besondere Weine zu kommen, gibt es dazu Alternativen. Denn es gibt Weingüter, die es sich leisten können, größere Mengen ihrer Weine zurückzuhalten und sie erst viel später auf den Markt zu bringen. Beim Verkauf des burgundischen Hauses Remoissenet kamen mehrere tausend unberührter Flaschen in die Hände der neuen Besitzer. Diese zeitlosen Weine trotzen der Vorverurteilung durch Jahrgangstabellen und sind von einzigartiger Qualität. Der Vorteil ist, dass wir die Weine direkt und auf transparentem Weg aus einem der besten Keller holen können, den wir kennen: dunkel, mit optimaler Luftfeuchte und absolut konstanten, niedrigen Temperaturen. Man merkt es den Weinen an. Die Reifung findet zwar statt, aber langsam. Solche Weine sind ein absolutes Highlight – aber da Zeit Geld ist, haben sie natürlich ihren Preis.

Lagerung im Keller von Remoissenet
Lagerung im Keller von Remoissenet

Wann überhaupt welche Weine trinken?

Die meisten Weine werden heute sehr früh getrunken. Das ist bei Gutsweinen und so manchem Ortswein auch o.k. Bei höherwertigen Weinen lohnt sich allerdings eine etwas längere Lagerung. Wie lange ein Wein lagern darf? Das kann man so pauschal nicht sagen. Aber ein Riesling in Form einer trockenen Spätlese oder Auslese (Ortswein, Großes Gewächs) entwickelt sich gewiss über acht bis zehn Jahre positiv. Restsüße Rieslinge aus guten Jahren mit ordentlicher Säure schaffen es über Jahrzehnte. Gute Burgunder sollte man eigentlich erst nach fünf bis zehn Jahren öffnen – es kommt ein wenig auf den Jahrgang an. Das gilt auch für einen Cru aus dem Bordelais, einen Barolo oder Barbaresco und viele weitere Weine mit Potential. Wer genügend Platz hat und sich etwas mehr einlagern kann, der wird eh mal hier und mal da eine Flasche öffnen, um zu sehen, wie sich der Wein gerade entwickelt hat.

Fazit

Es ist noch gar nicht so lange her, dass fast jeder einen eigenen Keller besaß. Das hat sich geändert, und damit haben sich auch auch die Trinkgewohnheiten verändert. Da immer weniger Weintrinker ihre Weine lagern, werden viele Weine sehr früh getrunken, und viele kennen daher gar nicht mehr das Potential, das große Weine haben können. Das ist schade. Also, wagt es, und schafft Euch zumindest eine kleine Ecke, in welcher Form auch immer, die geeignet ist, einigen ausgewählten Weinen Zeit zur Entwicklung zu geben.

Schlagwörter: , ,

Spread the Love - Teile diesen Beitrag!