Malbec, der große Verführer
Was ist das Besondere am Champagner?
Um es vorwegzunehmen: Natürlich kann man sich auch anderen Schaumweinen zuwenden. Es gibt jede Menge toller Schaumweine. Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass guter Champagner tatsächlich einzigartig ist und dass man ihn fast immer unter allen Schaumweinen der Welt herausschmecken kann. Und das funktioniert, obwohl die klimatischen und geologischen Gegebenheiten in der Champagne durchaus unterschiedlich sind. Es gibt mindestens 20 unterschiedliche Bodentypen in der Champagne, und zwar von der allseits bekannten Kreide über Kalk bis zu Sand, Mergel, Ton, Lehm und weitere Gesteinsarten. In Bouzy und Ambonnay, wo vor allem Pinot noir angebaut wird, liegt der Kreide-Anteil mit 93 % höher als an der Côte des Blancs mit rund 68 % Kreide. Westlich von Reims oder ganz unten in der Champagne, an der Côte des Bar, liegt der Anteil der Kreide bei fast 0 %. Diese Bodentypen sind die Basis unterschiedlicher Rebsorten. Bis in die 1920er Jahre hinein gab es in der Champagne noch Dutzende Rebsorten – vor allem Gamay. Der große Verdienst des Verbandes der Champagne-Winzer ist es, dass sie die Anzahl der Rebsorten auf eine kleine Auswahl reduziert haben und dass schon früh Regeln für die Mindeststandards gesetzt wurde. Heute dominieren Chardonnay, Pinot noir und Meunier mit mehr als 97 % der Fläche. Den Rest teilen sich Weißburgunder (Pinot blanc) und Grauburgunder (Fromenteau), Arbane und Petit Meslier.
Champagner darf nur mit einer festgelegten Ertragsobergrenze erzeugt werden. Die Trauben müssen von Hand gelesen werden, es darf nur eine bestimmte Menge gepresst werden, und die Weine müssen eine bestimmte Zeit auf der Flasche reifen. Bei einfachem Champagner sind es mindestens 15 Monate, bei Jahrgangs-Champagner mindestens 36 Monate. Einige der wichtigsten Bestimmungen betreffen das Pressen der Trauben. Der Höchstertrag beim Pressen ist auf 102 Liter Most (100 Liter Wein) bei 160 Kilo Trauben begrenzt. Die klassischen Conquard-Pressen in der Champagne fassen 4.000 Kilo Trauben. Aus der ersten Pressung der Trauben ergeben sich 10 volle klassische Weinfässer, die sogenannten pièces champenoise mit je 205 Litern. Hat man diese 2.050 Liter gepresst – man nennt diese Pressung tête de cuvée –, kann man die Maische wenden und noch einmal 410 Liter Wein, also noch zwei pièces pressen. Dieser Presswein wird dann taille genannt.
Warum erzählen wir das? Weil es um die Qualitätsmaßstäbe der Winzer, Champagne-Häuser und Marken geht. Diese Winzer nutzen lediglich die tête de cuvée. Die taille verkaufen sie. Dafür gibt es immer noch gutes Geld, aber für ihre Spitzenweine ist der Wein nicht geeignet. So sammeln sich recht große Mengen taille-Wein an, der dann in weniger ambitionierte Champagner fließt. Man sollte nicht vergessen: In der Champagne gibt es rund 16.000 Winzer und 340 Champagne-Häuser mit insgesamt 33.843 Hektar und einer Flaschenproduktion von 362.000.000 Flaschen jährlich. Nur ein Bruchteil davon ist Champagner, wie wir ihn verkaufen, Champagner also, der handwerklich auf hohem Niveau erzeugt wurde.
Warum kostet ein Supermarkt-Champagner nur etwas mehr als zehn Euro?
Das meiste ist Supermarkt- und Discount-Champagner, dessen Trauben aus Flächen kommen, die erstens nicht Premier oder Grand Cru sind, bei denen die Traubenpreise nicht so hoch sind, und die zweitens meist aus der taille gewonnen werden, also der zweiten Pressung. Das ist zwar nicht per se schlecht, erfüllt aber unserer Meinung nach nicht den Anspruch eines Luxusproduktes. Allerdings sind diese Champagner immer noch deutlich besser als das meiste, was sich sonst in den Regalen der Supermärke an Schaumweinen tummelt. Und das ist es auch, worin sich die Champagne von allen anderen großen Schaumwein-Appellationen unterscheidet. Die Winzer der Region haben sich im Laufe der Zeit klare Regeln gegeben, die einen Mindeststandard gewährleisten, der auf einem guten Niveau gelegen hat. Champagner ist die einzige weltbekannte Marke in der Weinwelt die vom Nord- bis zum Südpol getrunken und geschätzt wird.
Bei Cava und – genauso deutlich – bei Sekt sieht das ganz anders aus. Die Schere zwischen Massenproduktion und Spitzensegment viel weiter auseinander. Ein Sekt darf aus Trauben erzeugt werden, die aus Apulien oder La Mancha stammen, aber in Deutschland verarbeitet werden. Ein solcher Sekt muss nicht einmal in Flaschengärung, sondern kann im Tankgärverfahren erzeugt werden und wird in aller Regel mit sehr viel Süße abgefüllt, um alle Unzulänglichkeiten zu kaschieren. Diese Sekte werden trotz Sektsteuer (einst zur Finanzierung der Kriegsmarine erhoben) von € 1,02 pro 0,75-Liter-Flasche teilweise für nicht einmal € 2,50 angeboten. Kein Wunder, dass es deutsche Schaumwein-Erzeuger bis heute schwer haben, unter dem Namen Sekt hochpreisige von Hand erzeugte Spitzensekte zu verkaufen. Glücklicherweise aber klappt das immer besser, weil immer mehr Produzenten wie Marcus Hees aus Auen an der Nahe immer bessere Winzersekte keltern.
Und was ist nun die Alternative zu Champagner?
Es gibt heute, wenn man gute Schaumweine trinken will, viele interessante Regionen. In Frankreich, aber auch in Deutschland findet man im Crémant eine Alternative. Crémant ist im Gegensatz zum Champagner meist der jüngere Schaumwein, der nur neun Monate auf der Hefe liegt meistens mit weniger Druck (Bar) in der Flasche. Die bekanntesten Crémants stammen von der Loire und aus dem Elsass, wo andere Rebsorten verwendet werden als in der Champagne und auch andere Bodentypen vorherrschen. Neben den Crémant-Gebieten haben sich einige andere Schaumwein-Regionen einen Namen gemacht. Dazu gehört das Piemont mit Pinot-noir-Spumante, ferner Tasmanien, die kühle Insel vor Australien. Dazu gehört aber auch der Nordwesten Portugals, der deutlich vom Atlantik beeinflusst wird und wo wir mit Soalheiro, vor allem aber mit Filipa Pato und William Wouters in Bairrada zwei Spezialisten für Espumante aus heimischen Rebsorten wie Bical, Baga und Arinto die auf Kalkboden wachsen gefunden haben.
Will man auf einem Niveau mit sehr guten Champagnern trinken, dann findet man diese Schäumer nur im Spitzensegment im Bereich Cava, auch in Franciacorta in der Lombardei, ferner im Spitzensegment deutscher Sekt-Erzeuger und mittlerweile unter den besten Häusern im Süden Englands, wo es dieselben Kalk- und Kreideböden gibt, die einst zusammen mit denen in der Champagne entstanden sind. Zu den besten Erzeugern der Champagne gibt es bisher keine wirkliche Alternative, da das Zusammenspiel von Klima, Boden, Rebsorte, die lange Tradition, Anspruch und Kompetenz der Winzer in der Champagne immer noch einzigartig sind. Die ganz großen Schaumweine, zu denen wir auch jene von Clément Perseval und Gatinois zählen, sind solche, die von der Kreide und dem Kalk in der Champagne erzählen und von einem langen Hefelager. Es sind Schaumweine mit großem Reifepotential, die sich innerhalb von Jahren enorm verändern können und eine unvergleichliche Komplexität entwickeln.
Wenn wir Schaumwein für einen wirklich besonderen Moment suchen, dann entscheiden wir uns immer für einen handwerklich hergestellten Champagner von einem authentischen Erzeuger. Für die meisten anderen Situationen im Leben gibt es eine große Vielfalt an Schäumern, die richtig gewählt, genauso viel Freude bereiten.