Das mit dem Ruf war es übrigens nicht immer so. König Alfonso IX. hatte irgendwann zu Anfang des 13. Jahrhunderts kirchliche Orden eingeladen, sich um Toro herum anzusiedeln. Der Ort war unter den Römern als Albucella gegründet und dann von den Keltiberern nach einem ihrer wichtigsten Tierkreiszeichen, dem Stier, benannt worden. Mönche kamen also und sorgten für einen Aufschwung im Weinbau. Während in anderen Landesteilen bevorzugt weiße alkoholverstärkte Weine erzeugt wurden, waren es in Toro Rotweine, die kaum verstärkt werden mussten. Doch in Toro kam es so wie in fast allen anderen Landesteilen auch. Zunächst gab es mit der Entdeckung Amerikas und dem Export nach Übersee einen großen Boom, danach kam dann die Flaute. Schließlich entwickelten die Kolonien irgendwann ihren eigenen Weinbau und wurden später unabhängig. Insgesamt lief es irgendwann nicht mehr rund mit dem Export. Vor allem Handelskonflikte und Zölle mit England setzten Spanien zu. Zwar hatte die Reblaus keinen allzu großen Effekt auf den steinig kargen Böden in Toro, doch die Weine wurden unmodern, Landflucht war ohnehin ein großes Thema, und schließlich kam mit Franco die Diktatur und damit ein weiterer Niedergang des Weinbaus.
Der wurde in Toro erst ab den 1990er Jahren langsam aufgehalten. Im benachbarten Ribera del Duero hatte sich ab den 1980er Jahren nach und nach ein neuer Stil durchgesetzt. Weingüter setzten zunehmend auf Frucht, Reife, Extraktion und Konzentration sowie den Ausbau in Barriques. Die Weine wurden geschmeidig, modern im Sinne eines Robert Parker und – erfolgreich. Vega Sicilia, das einzige Cru-Weingut der Ribera del Duero, wurde ein Superstar. Hinzu kamen Pesquera, aber auch neue Weingüter wie etwa Pingus von Peter Sisseck. Diese Welle der Modernität schwappte zuerst in die Rioja, wo man plötzlich Angst bekam, dass ihr Ribera del Duero mit der gleichen Rebsorte den Rang ablaufen würde. Die zweite Welle aber schwappte ins Toro. Und dort freute man sich darüber, dass Vega Sicilia in Toro investierte, ein Weingut übernahm und auf den neuesten Stand brachte, das dann als Leuchtturm-Weingut fungierte. Andere nahmen das wahr und investierten ebenfalls. Die schiere Kraft der Weine aus Toro, die durchaus zu bändigen war, überzeugte innerhalb kürzester Zeit auch Pesquera und Mauro, den Flying Winemaker Michel Rolland, Bernard Magrez aus Bordeaux oder auch den LVMH Moët Hennessy Großkonzern, der Numanthia gründete. Durch diese Investitionen kam nicht nur frisches Kapital, sondern auch Know-how in die Region. Dieser Popularitätsschub hat zwar zunächst vor allem Weine im Stil von Robert Parker hervorgebracht, doch in der Folge haben sich andere getraut, Weine in einem eigenen Stil jenseits der damals modernen Önologie zu erzeugen, Weinmacher wie etwa Alvar de Dios Hernández, die sowohl über die klassischen Lagen mit Tinta de Toro verfügten als auch über andere Rebsorten. Für klassischen Toro-Wein ist nur die Tinta de Toro zugelassen, die auf 70 % alle Flächen steht. Doch wenn man auf den Appellationsnamen verzichtet und stattdessen den Landwein Castilla y León erzeugt, dann erweitert sich plötzlich der Horizont. Dann tauchen Sorten wie Bastarda, Juan Garcia, Trincadeira, Doña Blanca oder Rufete auf, und Weinmacher wie Alvar de Dios ergreifen die Chance, Material aus teils mehr als 100 Jahre alten Weinbergen zu nutzen, um es archaisch klassisch auszubauen. Andere haben entdeckt, dass man mit einer Maceración carbonica die Tinta de Toro ähnlich geschmeidig machen kann wie einen Beaujolais. Fest steht, dass Toro, diese Appellation, die stark kontinental geprägt ist und in der die Weinberge sich zwischen 600 und 900 Metern befinden und in der die Tag-Nacht-Schwankungen bei mehr als 25 °C liegen, gerade erst wirklich angefangen hat, interessant zu werden. Das Interesse an diesem Anbaugebiet wächst exponentiell, und zwar dergestalt, dass junge unangepasste Weinmacherinnen und Weinmacher das Potential abseits der klassischen Toro-Blockbuster immer mehr ausschöpfen.
Funktionale Cookies sind für die Funktionalität des Webshops unbedingt erforderlich. Diese Cookies ordnen Ihrem Browser eine eindeutige zufällige ID zu damit Ihr ungehindertes Einkaufserlebnis über mehrere Seitenaufrufe hinweg gewährleistet werden kann.
Tracking Cookies helfen dem Shopbetreiber Informationen über das Verhalten von Nutzern auf ihrer Webseite zu sammeln und auszuwerten.