Lutte Raisonée
Wörtlich übersetzt bedeutet Lutte Raisonée ungefähr so viel wie „vernünftiger Kampf“. Gemeint ist mit dem Begriff aus dem Französischen ein verantwortlicher aber nicht dogmatischer Umgang mit den vielfältigen Mitteln, die die Agrochemie für den Weinbau bereit hält. Also Verzicht da, wo immer er möglich scheint – und damit eine deutlich reduzierte Verwendung einerseits. Andererseits aber eben keine dogmatische einhundertprozentige Abstinenz – stattdessen die Option, bei besonderem Bedarf, beispielsweise in sehr problematischen Jahren, auch mit chemischer Hilfe wie Pestiziden oder Fungiziden eingreifen zu können.
Wo genau die Grenze zwischen vernünftig/verantwortlich und stinknormal konventionell verläuft, ist allerdings nirgends definiert, das legt der Produzent für sich persönlich selbst fest. Was denn tatsächlich raisonée ist, bleibt also schwammig. Was diesen Begriff natürlich – wie auch viele andere industrielle Selbstverpflichtungen zu gesellschaftlich verantwortlichem Handeln – schwierig macht. Und dem Greenwashing – also nur vordergründig behauptetem ökologischen Verhalten aus Werbezwecken – Tür und Tor öffnet.
Andererseits gibt es natürlich im Weinbau tatsächlich immer wieder Situationen, in denen das Befolgen dogmatischer Richtlinien existentielle Bedrohungen nach sich ziehen kann. Es ist für den Verbraucher halt einmal mehr kompliziert in Sachen Wein. Und wer sich seiner Sache sicher sein möchte, sollte sich jedenfalls nicht ausschließlich von einen Buzzword wie Lutte Raisonée leiten lassen, sondern sich die tatsächliche Praxis des Winzers genau anschauen. Ober aber ausschließlich bei vertrauenswürdigen Händler kaufen, die genau diesen, zuweilen nicht gerade einfachen Job für ihn übernehmen.