Rossola a.k.a. Rossola Nera
Die Rossola ist die Tochter eines berühmten Vaters: der hört auf den Namen Nebbiolo. Aber möglicherweise ist es auch umgekehrt und Nebbiolo ist der berühmt gewordene Sohn einer unbekannten Mutter. DNA-Untersuchungen aus dem Jahr 2004 belegen jedenfalls eine direkte verwandtschaftliche Linie zwischen den beiden Rebsorten – aber die Richtung dieser Linie ist ebensowenig geklärt, wie die Frage, wer denn beim lustigen Nachkommen zeugen als zweiter Elternteil mit von der Partie war.
Verworrene Familienverhältnisse herrschen also im lombardischen Valtellina, wo beide Sorten – der Nebbiolo allerdings unter seinem lokalen Synonym Chiavennasca – beheimatet sind. Aber selbst, wenn der Rossola die Rolle als Nachkomme zufiele – wovon man auch ohne direkten DNA-Nachweis allgemein ausgeht – handelt es sich bei ihr um eine Sorte mit ausgesprochen langer Tradition. Schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts wurde sie erstmals in Urkunden unter dem lateinischen Synonym Rossoladure erwähnt. Eindeutig geklärt ist zudem, dass der lange als bloße Rossola-Variante angesehene und ebenfalls im Valtellina beheimatete Rossolino Nero ein genetisch eigenständiger Nachfahre der Rossola ist.
Rossola ist spätreifend – und gilt als recht widerstandsfähig gegen Spätfrost. In so unmittelbarer Alpennähe wie im lombardischen Valtellina ein nicht unwichtiger Vorzug für die starkwüchsige und beherzten Rebschnitt benötigende Sorte. Anfällig ist sie allerdings für echten Mehltau a.k.a. Oidium und Graufäule a.k.a. Botrytis. Wie das zusätzliche Attribut zum Namen schon verrät, liefert die Traube tiefdunkle Moste mit violett-blauer Färbung. Im Jahr 2016 wurden gerade noch einmal 26 Hektar Anbaufläche mit Rossola verzeichnet. Die dort gewonnenen Trauben werden meist zum Verschnitt mit dem in der Region deutlich häufiger anzutreffenden Nebbiolo genutzt.