Unterlagsreben
Ohne Unterlagsreben gäbe es in Europa heute vermutlich keinen Weinbau mehr. Denn irgendwann Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Reblaus aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt. Was heute nur mehr als putziger Name wahrgenommen wird, war damals für hiesigen Reben ein Serial Killer von einem kaum noch vorstellbaren Ausmaß. Der Schädling zog in gut 50 Jahren einmal quer über den Kontinent – danach waren rund 75 % der Rebfläche in ganz Europa vernichtet. Erst die Praxis, die europäischen Reben auf resistente Unterlagsreben zu pfropfen, konnte dem Grauen ein Ende bereiteten.
Die europäischen Rebsorten waren dem eingeschleppten Schädling völlig schutzlos ausgeliefert – und wären es noch heute. Weshalb es heutzutage EU-weit nicht mehr erlaubt ist, Reben zu pflanzen, die nicht auf resistenten Unterlagsreben fußen. Die sind nämlich Züchtungen auf Basis amerikanischer Wildreben, die den Umgang mit den tödlichen Rüsseln dieser Läuseart an ihren Wurzeln schon einige zehntausend Jahre lang trainiert haben.
Die Tatsache, dass nahezu alle Weine in Europa nicht mehr auf originalen Wurzeln wachsen, verleiht den wenigen Ausnahmen – beispielsweise bei Weinen von den Kanarischen Inseln, die aufgrund ihrer Lage von der Reblaus ganz verschont blieben – einen ganz besonderen Nimbus. Wurzelecht nennt sich das unter Weinliebhabern und die diesem Status zugeschriebenen Qualitäten scheinen zuweilen fast mythisch überhöht. Aber was da wirklich dran ist und was nicht, ist dann nochmal ein ganz anderer Schnack und deshalb einen —>eigenen Eintrag wert…