Beton-Tank und Beton-Ei
Wenn vom Ausbau des Weines in Beton die Rede ist, ist die Lage alles andere als eindeutig – denn es gibt zwei Varianten. Den Beton-Tank und das Beton-Ei. Beide nutzen den Baustoff als Material für das Gebinde zum Ausbau. Ansonsten haben sie nicht viel miteinander gemein. Man kann sogar sagen, Beton-Tank und Beton-Ei könnten ihrem Wesen nach nicht weiter auseinander liegen.
Der Betontank ist die ältere der beiden Varianten. Er ist so etwas wie das Sportstadion unter den Lagergebinden – geeignet vor allem für große und größte Volumina. Meist liegen die deutlich im fünfstelligen Literbereich, zuweilen auch noch höher. Wichtig zu wissen: der Werkstoff (Stahl)Beton bildet hier nur die Stabilität gebende äußere Hülle des Tanks, direkter Kontakt zum darin lagernden Wein besteht aber nicht. Denn die Innenwände des Tanks sind mit Glas, Keramik, Stahl, zuweilen auch mit Glasfaser-Kunststoffen isoliert. Beton-Tanks oder auch Zement-Tanks waren im letzten Jahrhundert noch weit verbreitet, heute treten an ihre Stelle mehr und mehr Edelstahltanks – die sind leichter zu reinigen und auch im thermischen Verhalten für die moderne —>Vinifikation mit Temperatursteuerung weit besser geeignet.
Eine eher neue Erscheinung ist dagegen das vor allem im Kreis der naturnah arbeitenden Winzer verbreitete Beton-Ei. Im Vergleich zum Stadion Tank ist das es eher das Clubkonzert unter den Gebinden – es ist deutlich kleiner, das Volumen liegt oft nur um die 900 Liter (Ausnahmen bestätigen die Regel). Mindestens genauso wichtig: Im Gegensatz zum Tank besteht hier direkter Kontakt zwischen dem Wein und Beton.
Was das Ei insbesondere zu Anfang seiner Verbreitung in Deutschland – vor etwas mehr als 10 Jahren – nicht unumstritten gemacht hat. Vor allem, weil die saure Flüssigkeit Wein mit ihrer basischen Zementumgebung reagiert und so auch Unerwünschtes wie Schwermetall-Ionen aus dem Ei herauslösen könnte. Deshalb wird die Betonoberfläche der Ei-Innenseite vor der Erstbelegung über mehrere Wochen einer aufwendigen Behandlung mit einer Paste aus Weinsäure unterzogen. Das Beton-Ei wird —> weingrün gemacht, so dass sich der pH-Wert von Wein und Ei angleichen.
So behandelt überwiegen dann die Vorteile des Gebindes. Zum einem die durch feinste Poren des Werkstoffs möglich werdende —>Mikrooxidation, zum anderen aber auch die durch die Form möglich werdende konstante Selbst-Umwälzung des gärenden Mostes durch aufsteigende Gärkohlensäure. Spricht man mit Winzern, die mit dem Ei arbeiten, ist oft von Wein in „freiem Fluss der Bewegung“ und Ähnlichem die Rede. Die Grenzen zu einer eher esoterischen Sicht der Dinge sind dabei zuweilen fließend – spätestens, wenn beim Ei auch der Goldene Schnitt als harmonisch-natürliche Proportion als Ursache für die besondere Harmonie der darin entstehenden Weine herangezogen wird.
Aber woran es in letzter Konsequenz auch immer liegen mag – unbestritten können im Beton-Ei bemerkenswerte und hochkomplexe Weine entstehen. Jedenfalls dann, wenn sich Ausnahmewinzer mit dem Beton-Ei beschäftigen.