Verrieseln
Das Verrieseln (in Frankreich a.k.a. Coulure) ist eine Befruchtungsstörung. Hervorgerufen wird sie durch Witterungseinflüsse, sie kann insbesondere bei für Verrieselung anfälligen Sorten wie beispielsweise Grenache, Malbec oder Merlot – den Ertrag stark mindern.
Zu vermutlich keiner Zeit des Jahres schlafen Winzer so schlecht, wir zur Zeit der Blüte. Und das natürlich nicht, weil sie allesamt allergisch gegen die Pollen von Vitis Vinifera (a.k.a. Edle Weinrebe) wären, sondern weil es die kritischste Phase für das Entstehen von neuem Wein im Weinjahr ist. Zu keinem Zeitpunkt sind die Reben so anfällig und ungeschützt gegen Einflüsse von außen, zu keinem anderen Zeitpunkt können diese Einflüsse so dramatische Auswirkungen haben.
Zum einen sind da die Spätfröste, die zu Erfrieren der Blüte führen können, zum anderen ist es eben das Verrieseln. Dabei werden die Blüten entweder nicht befruchtet, oder schon befruchtete Knospen werden abstoßen. Bis zu drei Wochen nach der Blüte kann das noch passieren. Die Ursache dafür kann Kälte oder Regen zu Unzeit sein, aber auch Schädlinge und Krankheiten wie Milbenbefall oder Chlorose. Die Folgen sind stets die gleichen. Ertragsverluste bis hin zum worst case: dem völligen Ernteausfall.
Wobei ohnehin nur 30 bis 60 % der befruchteten Knospen schließlich die Trauben bilden. Und eine Verrieselung in Maßen auch positive Einflüsse haben kann. Als natürliche Maßnahme zur Ertragsreduktion – und damit Qualitätssteigerung – beispielsweise. Oder als natürlicher Schutz gegen Pilzkrankheiten wie die Botrytis durch die größere Lockerbeerigkeit nach moderatem Verrieseln.
Es ist halt – wie oft beim Wein – einmal mehr kompliziert. Sicher ist allerdings, dass die Winzer nach Ende der von Verrieselungsgefahr geprägten Blütezeit erst einmal wieder unbesorgter schlafen können. Bis dann die nächsten Gefahren für den werdenden Jahrgang an die Tür klopfen. Weil auch im Weinbau gilt: Irgendwas ist ja immer!