Carignan (a.k.a. Mazuelo)
Mit dem Carignan ist es ein wenig wie mit den Pommes Frites. Richtig behandelt besitzen beide eigentlich das Potential zur großen Delikatesse. Aber beide sind irgendwann in die Fänge industrieller Massenproduktion geraten – und leiden seitdem unter einem nachhaltig ramponierten Ruf. Dabei ist der Carignan eigentlich eine uralte Rebsorte mit Potential und jahrhundertelanger Anbau-Tradition.
Nachweislich wird er seit dem 12 Jahrhundert angebaut. Zuerst in Aragonien in Spanien (es gibt auch eine Hypothese, die ihm schon im 9. Jahrhundert auf Sardinien verortet – der fehlen allerdings handfeste Belege). Von der spanischen Stadt Cariñena hat er dann auch seinen spanischen Namen. Auf den richtigen, sprich kargen Böden angebaut, bringt Carignan tiefdunkle, tannin- und säurereiche Weine hervor. Bei niedrigen Erträgen und ab einem gewissen Alter der Reben sind die voller Charakter und intensiv holzwürziger Frucht (Pflaume, Feige, Sauerkirsche). Der Ausbau ist sowohl sortenrein möglich, aber auch als wichtiger Bestandteil für Farbe und Säure einiger Weltklasse-Cuvées.
Wenn man den Carignan allerdings auf zu fette Böden setzt und keinerlei Maßnahmen zur Ertragsbeschränkung unternimmt, dann produziert die eigenwillige Charakterrebe pro Hektar bis zu 200 Hektoliter säuerliche Belanglosigkeit. Das sind Rekord-Erträge – trotz ihrer hohen Anfälligkeit für Rebkrankheiten (echter und falscher Mehltau, Fäulnis, Wurmbefall). Deshalb war die Rebsorte bis Anfang der 1970er Jahre weltweit ungemein erfolgreich. Lange Zeit war sie die meistangebaute Rebsorte Frankreichs. Im Jahr 1968 waren allein dort sagenhafte 211.000 Hektar mit Carignan bestockt.
Heute sind es allerdings gerade mal noch etwas mehr als 30.000 Hektar, rund 80 % davon im Languedoc-Roussillon. Außerhalb Frankreichs finden sich Carignan-Reben vor allem Nordafrika (Algerien und Marokko), in Spanien, Italien, Kalifornien, Mexiko und Chile. Weltweit sind heute noch 47.000 im Anbau. Tendenz weiter stark fallend. Aber auch, wenn der Massen-Carignan nach wie vor auf dem Rückzug ist, es gibt ambitionierte Winzer, die sich des Carignan annehmen. Und in alten Rebanlagen (mit teils dreistelligem Alter!) qualitativ höchstwertige und höchst eigenständige Charakter-Rotweine produzieren.