Sancerre
Die facts ’n figures zum Anbaugebiet Sancerre sind schnell genannt: AOC beziehungsweise AOP (zu den Abkürzungen mehr —>hier) für Weißwein seit 1936, seit 1959 auch für Rotwein. 2.600 Hektar Anbaufläche auf 200 bis 300 Meter Höhe. Am oberen Lauf der Loire gelegen, durchgängig an deren linkem Ufer. Gelegen rund um das gleichnamige Städtchen. Nur wenig flussaufwärts auf der rechten Seite: der Nachbar —>Pouilly-Fumé.
Als Boden findet man an vielen Stellen die gleiche Kalkstruktur, die man auch im Süden Englands findet und auf der zum Teil auch Champagner und Chablis wachsen. Die drei wichtigen Bodenstrukturen des Sancerre heißen Terres blanches, Caillottes und Silex. Die Terres blanches sind ein verwitterter Mergel mit hohen Mengen an Exogyra-Virgula-Austern. Dazwischen findet man immer wieder dünne Lagen von Glaukonit, also eisenhaltigem Glimmer. Auf diesen Böden entstehen fruchtige Weine, die schnell zugänglich sind. Dann gibt es die Caillottes-Böden. Die Caillottes bildende Schicht liegt unterhalb der Terres blanches. Sie ist geprägt von Calcaire à Astéries, fossilen Seesternen, sowie dem Calcaire de Tonnerre, einem ursprünglich sehr harten Kalk, der zu einem schwammähnlichen porösen Kalk verwittert ist. Beide Kalkarten verbinden sich hier und ergeben robuste und körperreiche Weine. Dann gibt es noch den Silex. Es ist Kimmeridge-Boden mit Feuerstein- bzw. Quarzanteilen und ein wenig Eisensandstein. Doch auf welchem Boden auch immer: im Sancerre heißt es —>Sauvignon Blanc rulez! Der belegt rund 80 % der Anbaufläche. Die restlichen 20 % sind bestückt mit —>Pinot Noir. Für beide gelten mit 60 Hektoliter pro Hektar für den Sauvignon und 55 Hektoliter pro Hektar für den Pinot Noir recht strenge Höchsterträge, andere Rebsorten sind für Qualitätsweine nicht zugelassen.
Sancerre, das ist auch eine Wein-Legende. Erfunden hat sich das Sancerre erst nach dem zweiten Weltkrieg mit den heute so typischen Sauvignon Blancs. Früher gab es dort fast ausschließlich Gamay. In den 1970 und 1980er Jahren genoss der Sancerre Kultstatus, war quasi Synonym für Weißwein von der Loire und erklärter Liebling eines studentisch-trinkfreudigen Großstadtpublikums. Typische Sauvignon-Frucht im Kombination vom Kalk- und Kreideboden beförderter frischer Säure sorgten (und sorgen noch heute!) für jede Menge Spaß im Glas und Trinkfluss galore. Der Ausbau – in der Regel ohne Holz (Ausnahmen bestätigen die Regel) – tat ein Übriges hinzu. Doch irgendwann wurde es dann merklich ruhiger um den Sauvignon und seine Signature-AOC. Erst die Neuerfindung des Sauvignon Blanc in Neuseeland hat dann das Gebiet wieder so richtig auf die Karte der internationalen Weinfreunde zurückgebracht. Mit lauten, expressiven, zuweilen fast aufdringlichen Weinen des neuen Stils – aber eben auch mit der traditionellen Stilistik, die neben der intensiven Frucht auch der rauchigen Mineralität ihren Raum lässt.
Roten Sancerre gibt es auch. Im Gebiet entstehen Pinot Noirs, die – genau wie die Sauvignon Blancs – tendenziell geprägt sind von frischer Säure und der intensiven —> Mineralität des Bodens. Eine Mischung, der den Pinot auch besonders beim Ausbau als Rosé aufblühen lässt. In den letzten zehn Jahren sind die Sancerre Rouge immer prägnanter geworden. Sie profitieren vom Klimawandel, bekommen mehr Substanz und Tiefe, was sich auch mittlerweile oft sehr hohen Bewertungen niederschlägt.