Sulfite
„Enthält Sulfite“ oder „contains sulfites“ – kaum ein Etikett einer Weinflasche kommt heute ohne diesen Hinweis aus. Die EU-Allergenverordnung von 2005 macht’s nötig: Enthält ein Wein mehr als 10 Milligramm SO2 pro Liter, ist der Hinweis auf der Flasche zwingend vorgeschrieben. Doch was zum Teufel sind „Sulfite“ eigentlich genau?
Das ist vor allem eine Frage der Perspektive. In der Chemie sind „Sulfite“ schlicht die Sammel-Bezeichnung für die Salze der schwefligen Säure (Achtung: nicht verwechseln mit der deutlich aggressiveren Schwefelsäure). Medizinisch gesehen sind es Stoffe, die bei manchen Menschen allergische Reaktionen auslösen. Für Weinfreunde sind Sulfite oder „Schwefel“ aber eine Glaubensfrage: Traditionalisten sind der Überzeugung, ein ungeschwefelter Wein sei zwangsläufig fehlerhaft. Naturweinfreunde sind dagegen sicher, dass es kein Zufall ist, dass dem Teufel stets ein schwefeliger Geruch umweht.
Und wer hat jetzt recht? Alle – jedenfalls ein bisschen. Für den Old-School Winzer ist „Schwefel“ ein unverzichtbares Hilfsmittel um Weine zu stabilisieren, Oxidation zu vermeiden oder eine Nachgärung bei höherem Restzuckergehalt auszuschließen. Er gibt ihn zur Maische, zum Abschluss der Gärung oder zu Füllung hinzu. Eine minimale Schwefelung zur Füllung ist selbst bei vielen Naturweinen üblich. Aber eben nicht mehr nach dem Motto „Viel hilft viel“ wie früher. Denn das merkt man Weinen auch sensorisch deutlich an. Als unangenehme Schärfe oder als Schleier, der die Weine klein und flach macht. Im Prinzip betäuben Sulfite den Wein ein geben, wirken aber gleichzeitig auch in etwa wie ein Langzeitantibiotikum, was bei einem fragilen Getränk wie dem Wein, durchaus Sinn macht.
Ein Tipp zum Schluss: Wer die antioxidative Wirkung von Sulfiten, a.k.a. „Schwefel“ einmal anschaulich mit eigenen Augen sehen und nachvollziehen möchte, dem sei ein Gang in den Supermarkt empfohlen. Im Regal mit dem Trockenfrüchten finden sich meist zweierlei verschiedene Sorten getrockneter Aprikosen. Geschwefelte und ungeschwefelte. Wer beide kauft und die Früchte nebeneinander legt, erkennt den Unterschied und die antioxidative Wirkung der Schwefelung mit einem Blick.