Schmelz
Mit dem Schmelz im Wein ist’s ein wenig, wie mit der Mineralität: Alle benutzen den Begriff mehr oder minder ausgiebig, aber was er denn nun so ganz genau bedeuten soll, ist ungefähr so klar und trennscharf wie der Blick des Brillenträgers in der Waschküche. Sicher ist nur, der Begriff bezeichnet – ebenso, wie das dazugehörende Adjektiv „schmelzig“ – eher ein Mundgefühl oder eine Textur, denn einen Geschmackseindruck.
Analogien oder Annäherungen an das mit Schmelz umschriebene, positiv besetzte Gaumengefühl sind Begriffe wie rund, cremig oder füllig. Ein Wort wie ölig dagegen ist eher oberhalb des „schmelzigen“ Eindrucks anzusiedeln. Aber auch hier ist’s wie bei der Mineralität. Die verwandten Begriffe treffen alle ein wenig, doch keiner davon zu einhundert Prozent.
Viel Extrakt – und der damit verbundene süße Eindruck auch bei völlig trockenem Ausbau – macht Weine ebenso schmelzig, wie hohe Alkoholwerte und das damit verbundene Glycerin. Bilden sich die bekannten „Kirchenfenster“ an der Glaswand darf man getrost eine gewisse Schmelzigkeit erwarten. Auch Mannoproteine von Hefen, die durch den Verzicht auf allzu scharfe Filtration im Wein verbleiben, fördern einen schmelzigen Eindruck am Gaumen. Bei Rotweinen sind zudem gut eingebundene Säuren und weiche und gut integrierte Tannine dem Schmelz förderlich.
Das Gegenstück zum Schmelz beim Weißwein ist ein Begriff wie stahlig. Womit wir auch bei der zweiten wichtigen Sorte Schmelz für Weinfreunde wären. Nämlich beim Zahnschmelz, der von der strammen Säure besonders stahliger Weine oft deutlich spürbar in Mitleidenschaft gezogen wird.