Schönung
Schönung ist ein Sammelbegriff für ein breites Spektrum unterschiedlichster Kellertechniken. Die haben alle das gleiche Ziel: Nämlich, den Wein auf die ein oder andere Art und Weise zu pimpen, Fehler zu beheben oder wenigstens zu übertünchen. Sei es rein optisch oder auch geschmacklich.
Wie ein dezentes Make-Up sorgt Schönung tatsächlich für ansprechendere Weine – behutsam eingesetzt jedenfalls. Übertreibt man’s aber, entsteht schnell eine Wirkung wie auf Gesichtern nach dem fünfzehnten Lifting: Oberflächlich glatt, doch bis zur grotesken Karikatur entstellt.
Bei einigen Methoden wird mit tierischen Zusatzstoffen gearbeitet – weshalb vielen Weinen der Status „vegan“ verwehrt bleibt. Ein Beispiel ist die wohl älteste Schönungstechnik überhaupt, die Eiweißschönung (auch Eiklarschönung). Bei der macht der Rotwein-Winzer nichts anderes, als die gute Hausfrau zum Schluss mit ihrer Rinderbrühe. Er gibt (pro Hektoliter) ein aufgeschlagenes Eiklar hinzu. Dessen Eiweiße sind positiv geladen und binden deshalb negativ geladene Teilchen wie zum Beispiel Tannine oder Hefen an sich. Beides sinkt dann innig verbunden nach unten (bei Muttis Süppchen: steigt nach oben) – und lässt sich problemlos aus dem Wein filtern. Zum gleichen Zweck wurde früher auch Rinderblut eingesetzt. Im Bordeaux wird die Eiweißschönung schon seit mehreren hundert Jahren praktiziert. So sind auch die Canelés de Bordeaux (kleine, sehr reichhaltige süße Gugelhupfe, die im Original nur mit Eigelb gebacken werden) entstanden: um die zahllosen übrig gebliebenen Eigelbe sinnvoll zu verwenden.
Ein weiteres tierisches Schönungsmittel ist die Hausenblase. Die wurde ursprünglich aus den Fischblasen des Beluga-Störs, der früher auch Europäischer Hausen genannt wurde, hergestellt. Heute werden auch Schwimmblasen anderer Fische dafür verwendet. Nur ein Gramm pro Hektoliter Wein braucht’s davon, um Wein damit zuverlässig zu klären oder von muffigen Tönen zu befreien.
Eine vegane Alternative zu Eiklar und Fischblase sind silikathaltige Gesteinsmehle wie das Bentonit. Es wird vor allem bei Weißweinen zur schnellen Klärung des Mosts oder zur Eiweißstabilisierung (das Entfernen von instabilen Eiweißen, die den Wein schon bei geringer Erwärmung trüben könnten) eingesetzt. Auch das Allergen Histamin wird mit Bentonit im Wein stark verringert.
Weitere Schönungsmittel sind Gummi Arabicum, Kasein oder Gelatine. Das synthetische PVPP (Polyvinylpolypyrrolidon) darf in Deutschland trotz Reinheitsgebot auch bei Bier zur Beseitigung feinster Trübstoffe eingesetzt werden. Nicht alle Schönungen haben übrigens optische Ziele. Mit der Blauschönung beispielsweise werden im Wein gelöste (Schwer)Metalle entfernt. Bei falscher Anwendung allerdings entsteht hochgiftige Blausäure.
Doch egal, welche Schönung ein Wein auch durchläuft – keine liefert ausschließlich das gewünschte Ergebnis. Nebenwirkungen sind unvermeidlich. Manchmal ist es ein gewisser Verlust an Aroma, Farb- oder Geschmacks-Intensität, nahezu immer aber einer an Wahrhaftigkeit und Authentizität. Weshalb Schönungen in der Naturwein-Szene auch ungefähr so willkommen sind, wie Bermuda-Shorts in der Oper.