Weißwein
Was einen Weißwein ausmacht ist eigentlich schnell beantwortet: Alles, was aus Trauben produziert wurde, die als weiß bezeichnet werden. Doch wie Vieles im Leben ist auch das nicht ganz so einfach; denn es gibt Ausnahmen wie weißen Wein aus Rotweintrauben [dem haben wir einen eigenen Eintrag gewidmet —> Blanc de Noir(s)]. Oder Grenzfälle, wie deutlich roséfarbene Weine, die aus einer nominal weißen Sorte wie Grauburgunder gekeltert werden.
Womit wir beim eigentlichen Unterschied zwischen Rot- und Weißweinen wären. Neben der Farbe, versteht sich. Das ist nämlich die Art, wie sie gekeltert werden. Für rote Farbe im Wein braucht es längeren Kontakt zwischen Trauben und Most, die sogenannte Maischestandzeit. Neben der Farbe landet so auch ein Haufen Polyphenole und Tannin im Wein. Bei Weißweinen ist das eine eher seltene Ausnahme [optionaler Eintrag: —> Orangewein].
Ein deutlich niedriger Tanningehalt bedeutet für Weißweine auch eine andere Aromenstruktur. Frucht und Mineralität sind in der Regel klarer als bei den dunklen Kollegen. Weißwein lebt dazu häufig von einem interessanten Spiel zwischen Säure und Süße. Das beherrscht so spannungsreich sonst nicht mal der Asia-Imbiss an der Ecke. Der deutlich niedrigere Tanningehalt von Weißweinen sorgt aber auch für sein mögliche Schwachstelle: die Oxidation. Die Phenole und Flavoide des Rotweins wirken auch wie ein Schutzschild gegen Sauerstoff. Als Ausgleich werden Weißweine deshalb meist höher geschwefelt [—> Sulfite].
Die Auswahl an Gär- und Ausbaumethoden ist bei Weißweinen ungefähr so übersichtlich wie das Vertragsangebot eines durchschnittlichen Mobilfunk-Anbieters. Spontane Vergärung ohne jeden weiteren stützenden Eingriff ist ebenso drin, wie temperaturgesteuerte High-Tech-Gärung mit Turbo-Hefen. Ultrafiltration, Aktivkohle und Schönung genauso, wie lange Lagerung auf der Hefe und sonst nichts. Stahltank, Holzfässer unterschiedlichster Größen, Beton oder Amphore – alles ist möglich. Auch beim Restzucker gilt: Von unter einem Gramm bis hoch an die Sättigungsgrenze bekommt man Weißwein mit nahezu jedem Süßegrad.
So klar der Unterschied zwischen Weiß- und Rotwein übrigens im Glas zu sein scheint: Aromatisch können die Unterschiede durchaus fließend sein. Die Verkostung eines säurebetonen und tanninarmen, fruchtigen Roten aus einem schwarzen, undurchsichtigen Glas beispielsweise produziert bei Weinfreunden regelmäßig verdutzte Gesichter.