Chenin Blanc
Eine weiße Rebsorte, eng verbunden mit einem großen Fluss in Europa. Säurebetont, botrytisanfällig, liefert von knochentrocken bis edelsüß. Nein, die Rede ist nicht von Riesling! Denn all das gilt auch für Chenin Blanc aus Frankreich. Mehltau- und spätfrostgefährdet, aufgrund der Säure gut für Schaumweine geeignet – die Parallelen zwischen den beiden Rebsorten sind zahlreich. Beide zählen zu den Cépages Nobles, den großen Edel-Rebsorten der Welt, beide sind aber in den weltweiten Anbaucharts eher Typ Underdog (Riesling Rang 18, Chenin Rang 26).
Die Herkunft des „Schna“ (so hört es sich für deutschsprachige Ohren an, wenn Einheimische an der Loire über ihre Rebsorte sprechen) scheint geklärt: DNA-Untersuchungen aus dem Jahr 2010 legen ein Weinbergs-Tête-à-Tête von Sauvignon Blanc und Rotem Traminer nahe. An der Loire ist er vermutlich schon seit über tausend Jahren zuhause. Im 15. Jahrhundert wird er als Plant d’Anjou erstmals urkundlich erwähnt, im 16. hat er einen kurzen Cameo-Auftritt in den Romanen François Rabelais’.
In seiner Aromatik ist Chenin ähnlich vielfältig wie die Pizza-Variationen in der Lieblings-Trattoria. Typisch sind Aromen von Kernobst: Apfel, Birne und Quitte. Dazu kommen gern Akazienblüte, Honig und Bienenwachs. Wächst er in heißeren Gebieten, verschwinden Apfel und Birne zugunsten von Melone, Marzipan und nussigen Tönen. Aber „Schna“ kann nicht nur Frucht, er kann auch Gewürze (Safran, Kurkuma, Kardamom, Vanille) und manchmal ist es auch feuchte Schafswolle.
Schon im 17. Jahrhundert kam der Chenin Blanc nach Südafrika. Unter dem Namen Steen hat er dort eine Karriere hingelegt wie die US-Importe Kartoffel und Tomate in Europa. Heute ist Südafrika mit Abstand der weltweit größte Chenin Blanc-Erzeuger. Lange Zeit wurden dort eher einfache Qualitäten produziert, aber seit zwei bis drei Jahrzehnten kommt auch Gehobenes vom Kap, das selbst eingefleischte Loire-Fans flasht. Weitere nennenswerte Mengen wachsen in Argentinien, den USA und Australien.
In Deutschland ist Chenin Blanc noch so gut wie nicht zu finden. In Baden und der Pfalz gibt es wenige Parzellen, eine erste Junganlage auch an der Mosel. Auf den Jungfern-Wein vom Schiefer dort darf man gespannt sein – in seiner Mineralik spiegelt der Chenin sein Terroir nämlich meist so präzise wie eine Atomuhr. Noch so eine Parallele zum Riesling.