Feinhefe
Eine gewisse Lagerzeit „auf der Feinhefe“ gehört heute zum Repertoire jedes qualitätsorientierten Kellermeisters. Feinhefe, das hört sich schwer nach Eleganz, nach Finesse, nach besonders exquisiter Methodik an. Dabei ist es in Wahrheit die althergebrachte Standardtechnik für die Produktion vor allem von fruchtbetonten Weißweinen. Mit der breiten Verfügbarkeit moderner Sterilfilter im Weinkeller war sie etwas aus der Mode geraten. Der Trend zu möglichst naturbelassenen Weinen und minimalen Eingriffen im Keller aber hat sie wieder populärer gemacht und es gibt vor allem in Frankreich viele Winzer, die ihrem Wein den Zusatz „sur lie“ verleihen, was bedeutet, dass der Wein eben auf dieser Feinhefe ausgebaut wurde.
Für die —>Vergärung von Most zu Wein ist Hefe verantwortlich. Die vermehrt sich während dieses Prozesses selbst um ein Vielfaches. Solange sie mit dem Wein zusammen ist, spricht man von Vollhefe (dazu mehr —>hier). Irgendwann aber werden die beiden Komponenten getrennt. Das kann – je nach Winzerphilosophie und gewünschtem Wein – schon kurz nach Ende der Gärung geschehen oder aber auch erst nach einer Lagerzeit von – im Extremfall! – mehreren Jahren.
So oder so erfolgt diese Trennung dadurch, dass man den Wein so vorsichtig wie möglich mit einem Schlauch von oben abzieht, während die abgesetzte Hefe am Gefäßboden zurückbleibt. Wird der Wein bei diesem Abzug oder Abstich nicht gefiltert, enthält er danach immer noch Hefe – eben die sogenannte Feinhefe.
Die hat zwar bei weitem nicht so einen großen direkten Einfluss auf die Weinsensorik wie die Vollhefe. Aber die indirekte Wirkung ist immer noch sehr stark. Vor allem, weil Feinhefe auf Sauerstoff so anziehend wirkt, wie der Black Friday auf den durchschnittlichen Schnäppchenjäger. Dadurch sind die Weinaromen zuverlässig vor Oxidation geschützt. Sonst müsste das durch die Zugabe von —> Sulfit erreicht werden. Der Verzicht auf die frühe Filtration schont ebenfalls vor ungewolltem Aromaverlust. Das langsame natürliche Absetzen auch der Feinhefe ermöglicht schließlich einen zweiten Abstich und zuweilen gar dritten Abstich. Falls danach dann überhaupt noch eine Filtration gewünscht ist, kann sie deutlich schonender und aromenwahrender durchgeführt werden.