Syrah
Um den Ursprung der Rebsorte Syrah ranken sich viele Legenden. In der verbreitetsten spielen die persische Stadt Shiraz und ein französischer Kreuzfahrer eine Rolle. In anderen sind es Länder, Städte oder Inseln, die mit „Sy“ beginnen. Alle diese Geschichten haben zwei Dinge gemeinsam: Erstens – sie klingen durchaus plausibel. Zweitens – es gibt für sie null handfeste Belege.
DNA-Analysen aus den 2000er Jahren zeigen die wahre Herkunft des Syrah: Entstanden ist er nämlich als natürliche Kreuzung aus Mondeuse Blanche und Dureza. Und zwar in der gleichen Gegend zwischen Genfer See und Rhône-Tal, in der sich drei Rebgenerationen zuvor auch schon sein Vorfahre Spätburgunder, a.k.a. Pinot Noir zusammengemendelt hatte. Wir fassen also zusammen: Der Pinot ist der Urgroßvater des Syrah!
Die enge Verwandtschaft zum Burgunder belegt auch den Status als Edelreben (a.k.a Cépages nobles), den beide Sorten völlig zurecht haben. Syrah bringt ein paar der größten Rotweine hervor, die die Weinwelt zu bieten hat. Reinsortig, wie an der nördlichen Rhône beim Weinmonument Hermitage. Oder als (most) valuable Teamplayer in den Cuvées der südlichen Rhône, wie beim Châteauneuf du Pape. Schon 1833 hat der Syrah auch nach Australien rüber gemacht. Dort hat er erst den Namen Shiraz angenommen und danach prompt eine Karriere bis hin zur wichtigsten Rebsorte hingelegt. Auf 40.000 Hektar wachsen down under heute neben Alltagsweinen auch Champions-League-Qualitäten wie der Grange von Penfolds oder der Hill of Grace von Henschel.
Syrah braucht Wärme, hasst kalkhaltige Böden und ist anfällig für diverse Rebkrankheiten. Hat er aber optimale Bedingungen, liefert er amtlich. Nämlich tiefdunkle, farbintensive Rotweine mit einem Haufen geschmeidiger Tannine. Seine typischen Aromen sind Pflaume, Schokolade und Leder. Bemerkenswert klare Noten von schwarzem oder auch weißem Pfeffer machen ihn dazu ähnlich unverkennbar wie Autotune-Sounds die zeitgenössische Popmusik-Produktion.
Der allgegenwärtige Klimawandel hat den Syrah in den letzten zwei, drei Jahrzehnten bis nach Baden und in die Pfalz gescheucht. Die Weine, die dort auf zurzeit rund 80 Hektar – Tendenz eindeutig steigend! – produziert werden, wecken die Hoffnung, dass zukünftig vielleicht eine zweite Rebsorte für wirklich große Rotweine aus Deutschland am Start stehen könnte.