Unfiltriert
Unfiltriert is the new kristallklar (a.k.a. blanc). Der Verzicht auf Filtration ist heute für eine ganze Generation von Weinmachern eine Selbstverständlichkeit. Vor allem im Kreise der Produzenten von Naturwein kommt das Filtern vor der Füllung nicht mehr in Frage. Aber auch viel konventioneller arbeitende Winzer minimieren den Vorgang so weit wie möglich.
Denn das Mehr an strahlendem Glanz nach dem Filtern gibt es nicht umsonst. Im Gegenteil, der Preis dafür ist hoch. Es gilt: keine Filtration ohne Kollateralschäden! Jeder Filtervorgang fischt nicht nur die im Wein unerwünschten Stoffe heraus, sondern als Beifang auch Aroma. Und je stärker beziehungsweise feiner die Filter sind, desto höher fällt zwangsläufig auch der damit verbundene Aromenverlust aus (warum das so ist, dazu mehr Eintrag Filtration).
Die ersten Weine, die den Begriff „unfiltriert“ beziehungsweise „unfiltered“ wie eine Auszeichnung stolz auf dem Label trugen, kamen in den 1990er Jahren aus den USA nach Europa. Um die Intensität des Geschmacks (vor allem) ihrer Rotweine zu maximieren, hatten kalifornische Winzer damit begonnen, die Weine nur noch durch Abziehen – also das vorsichtige und langsame Absaugen des Weins von oben – von der Hefe zu trennen. Das Marketing mit dem neuen Begriff war so erfolgreich, dass sich in Europa schnell jede Menge Nachahmer fanden.
Unfiltrierte Weine brauchen stets eine längere Zeit für den Ausbau im Keller. Kein Wunder, denn die Trennung von der Hefe nur über – meist mehrfaches – Abziehen fordert vorher längere Ruhezeiten, in denen die Hefe zu Boden sinken konnte.
Ein kleines bisschen Hefe bleibt im unfiltrierten Wein dann trotzdem immer zurück. Oft macht sie sich dann durch ein gewisses cremig-schmelziges Mundgefühl bemerkbar. Wer dem Effekt nachspüren will, der vergleiche einfach mal das Mundgefühl eines Kristall- und eines Hefeweizen des gleichen Brauers.
Produzenten von Naturwein haben aber noch eine weitere Motivation für den Verzicht auf Filtration. Denn die im gefüllten Wein verbleibende Menge Hefe ist auch ein guter Ersatz für den Oxidationsschutz der beim Naturwein verpönten, nur äußerst spärlich bis gar nicht zugesetzten Sulfite.