Gärung
Wenn beim Wein von Gärung gesprochen wird, ist damit praktisch immer die alkoholische Gärung gemeint. Bei der spalten Hefepilze den im Most vorhandenen Zucker – vorzugsweise Glucose (a.k.a. Traubenzucker) – in Trinkalkohol (a.k.a. Äthanol) und Kohlendioxid auf. Der im Kontext mit Wein ebenfalls wichtigen —>Malolaktischen Gärung (a.k.a. Biologischer Säureabbau oder kurz BSA) haben wir deshalb einen eigenen Eintrag gewidmet.
Was die Temperatur angeht, so sind sich Hefepilze und Menschen verblüffend ähnlich. Zwischen 18 und 27 °C fühlen sie sich am wohlsten. Egal, wo Hefen bei dieser Temperatur auf in Wasser gelösten Zucker treffen – sofort legen sie los mit der —>Spontangärung. Dass tatsächlich Hefepilze für diese Gärung verantwortlich sind, hat Louis Pasteur erst Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt. Davor hat man die Bildung von Alkohol für einen natürlichen Zerfallsvorgang gehalten.
Die Zahl der unterschiedlichen natürlichen Hefearten ist ungefähr so übersichtlich, wie die der Mitglieder der Kelly-Family. Die wichtigste ist aber die Weinhefe, die auf lateinisch eigentlich Bierhefe heißt (Saccharomyces cerevisiae). Trifft sie auf ideale Bedingungen, vermehrt sie sich rasend schnell. Da sie dabei auch Wärme produziert, erwärmt sich gärender Most – zum Teil so sehr, dass er aktiv gekühlt werden muss, um nicht zu heiß zu werden. Am Ende der Gärung enthält ein Liter Wein zwischen 50 und 200 Milliarden Hefezellen.
Von der Weinhefe existieren hunderte verschiedenster Stämme – alle mit leicht unterschiedlichen Eigenschaften. Das kann die ideale Temperatur sein, mit der sie arbeiten (die ist bei vielen Hefen für Weißweine kühler) oder maximale erreichbare Alkoholgehalt (normalerweise zwischen 16 und 18 Volumenprozent). Die Champagnerhefe dagegen ist in der Lage, selbst bei sehr hohem CO2-Druck immer noch weiter zu vergären.
Aber auch die Aromatik, die Hefen in den Wein einbringen, variiert extrem. Fast die Hälfte all dessen, was den Geschmack des späteren Weines ausmacht, ist nicht in der Traube gewachsen, sondern erst während der Gärung entstanden. Entweder als Nebenprodukt des Hefe-Stoffwechsels oder aber als Resultat der sogenannten Autolyse (des Zerfalls abgestorbener Hefezellen). Die Aromatik kann heute durch bestimmte Arten von Zuchthefen sogar bewusst gesteuert bzw. beeinflusst werden.
Schließlich kann auch – abhängig von Keller- und Mosttemperatur, Zuckermenge und Hefestamm – die Dauer der eigentlichen Gärung variieren. Von gut einer Woche bis herauf zu mehreren Monaten (im Extremfall sogar Jahren). In vielen kalten Kellern (zum Beispiel an der Mosel) kommt es durchaus vor, dass die Hefen im Winter die Vergärung einstellen, obwohl der Most noch nicht völlig durchgegoren ist und diese Gärung dann im Frühjahr bei wärmeren Temperaturen wieder anspringt. Winterschlaf im Weinkeller, sozusagen.