Pinot Noir
Viele Reben sind schwierig im Anbau. Aber die größte Zicke unter allen berühmten Sorten ist wohl der Spätburgunder oder Pinot Noir. Egal ob bei Lage, Klima oder Ausbau im Keller – die rote Rebsorte ist in jeder Beziehung so anspruchsvoll wie eine Hollywood Diva. Wird man diesen Ansprüchen aber gerecht, performt sie auch wie eine – sie liefert Eleganz und Klasse galore. Ganz, ganz großes Wein-Kino, so sexy wie sonst vielleicht nur noch Champagner. Und dort spielt er ja auch oft eine tragende Rolle. Dafür muss man den Pinot Noir, wie der Spätburgunder international heißt, aber zu behandeln wissen. Vermutlich ist das nötige Know How der Grund dafür, dass er trotz weltweiter Verbreitung nach Anbaufläche nur gerade eben noch unter den Top 10 landet. Und das, obwohl er oft als König der Rebsorten bezeichnet wird.
Pinot Noir ist eine sehr alte Sorte. Entstanden vor vermutlich über 2.000 Jahren irgendwo zwischen Genfer See und Rhône. Neuesten Analysen zufolge als direkte Mutation einer Wildrebe. Berühmt geworden ist er aber im Burgund. Dort entstehen bis heute die besten Pinots und Wein-Legenden wie der Romanée Conti, für den inzwischen selbst in jungen Jahren fünfstellige Preise aufgerufen werden; pro Flasche wohlgemerkt. Sideways, einer der schönsten Filme zum Thema Wein überhaupt, erzählt vom Ansehen, das er inzwischen auch in den USA genießt. Zu heiß darf es ihm allerdings nicht werden, er wächst lieber in kühleren Weinbauzonen, sonst wird er gerne marmeladig. Genügend Sonne will er aber trotzdem; denn sonst bleibt er dünn und säuerlich. Mittlerweile gibt es eine ganze Phalanx an Winzern, die diesen Dreh auch in Kalifornien raus haben, und mit der Diva quasi verheiratet sind.
Nach Deutschland haben Zisterzienser-Mönche den Spätburgunder schon im 14. Jahrhundert gebracht. Traditionelle deutsche Exemplare waren lange Zeit allerdings oft eher schlicht gestrickt. Helle Erdbeersaft-Farbe, vordergründige rote Beerenfrucht, buttrige Noten. Doch in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich eine Menge getan. Selbst im direkten Länderspiel mit Frankreich halten sie sich inzwischen erstaunlich wacker. Französische Reben und Kellermethoden auch hierzulande machen’s möglich.
Pinot Noir spiegelt die Umstände, unter denen er gewachsen und gereift ist, so präzise und differenziert wie keine andere rote Rebsorte. Dazu kommt seine große Mutationsfreude – von ihm existieren fast so viele Klone wie Krieger in einer Star-Wars-Episode – und extrem vielfältige Möglichkeiten beim Ausbau. Das sorgt für viele Herausforderungen, jede Menge Möglichkeiten zu scheitern, aber auch genauso viele, große und extrem spannende Weine zu erzeugen. Erdbeere oder Brombeere, Kirsche, schwarze Johannisbeere – die mögliche Frucht umfasst einmal Rote Grütze komplett, und bleibt dabei doch fein und filigran. Dazu kommen oft Bittermandel oder Haselnuss und manchmal auch florale Töne. Bei den Top-Pinots geben dann Vanille, Zimt, Tabak oder Rauch vom obligatorischen Aufenthalt im Barrique das letzte Finish.